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Leitartikel: Brexit – Trump – Wilders: Diese Kette ist gerissen

Leitartikel

Brexit – Trump – Wilders: Diese Kette ist gerissen

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    Der amtierende Ministerpräsident und Wahlgewinner Mark Rutte spricht bei einer Wahlparty seiner Partei VVD in Den Haag.
    Der amtierende Ministerpräsident und Wahlgewinner Mark Rutte spricht bei einer Wahlparty seiner Partei VVD in Den Haag. Foto: Daniel Reinhardt (dpa)

    Wenn dies die Stationen für einen erfolgreichen Vormarsch der Rechtspopulisten gewesen sein sollten, dann ist die Kette abgerissen: Brexit – Trump – Wilders. Nach zwei Erfolgen wurde jetzt der Islam- und EU-Feind Geert Wilders bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden klar geschlagen. Die Erfolgswelle des Rechtspopulismus, die im vergangenen Jahr durch Großbritannien und die USA schwappte, hat ihre Wucht verloren.

    Die Rechtspopulisten entzaubern sich selbst. In Großbritannien hatte sich im vergangenen Sommer, angefeuert durch das Rechtsaußen-Lager, eine Mehrheit für den EU-Austritt ausgesprochen. Doch hinterher zeigte sich, dass nicht einmal die Brexit-Befürworter einen vernünftigen Plan für die Zeit danach besitzen. In den USA hat sich der zum Präsidenten gewählte Milliardär Donald Trump mit vielen seiner obskuren Projekte in den Fallstricken des politischen Systems verfangen. Wer, außer seinen eingefleischten Anhängern, soll diese Politik noch attraktiv finden?

    Österreich und Niederlande entscheiden sich gegen den Populismus

    Die Ausstrahlung von Brexit und Trump-Wahl auf andere Nationen ist weitgehend geschwunden. Noch vor den Niederländern haben die Österreicher den Verlockungen des Rechtspopulismus widerstanden, wenn auch nur haarscharf. Bei der Wiederholung der Präsidentschafts-Stichwahl im Dezember gewann nicht der Kandidat der einst von Jörg Haider auf Ausländerfeindlichkeit getrimmten FPÖ, sondern Alexander Van der Bellen, ein Wirtschafts-Professor, der als Grünen-Politiker reüssiert hatte.

    Kann damit auch für die Präsidentenwahl in Frankreich Entwarnung gegeben werden? So einfach ist es – leider – nicht. Wie jetzt die Niederlande gezeigt haben, kommt es auf die Stimmung im Land und die konkrete Politik der Regierung an. So konnte Wilders die traditionell europafreundlichen Niederländer nicht von der Notwendigkeit eines EU-Ausstiegs überzeugen; die Idee eines „Nexit“ brachte ihm ganz offenkundig kaum Wähler. Alleine mit ausländer- und islam-feindlichen Parolen ist aber auch in Holland kein Staat zu machen. Außerdem nahm der liberale Premierminister Mark Rutte mit seiner entschlossenen Art, in der er Wahlkampfauftritte türkischer Minister unterband, Wilders zusätzlich Wind aus den Segeln.

    Der „Frexit“ wäre das Ende der EU in der heutigen Form

    Das kann in Frankreich wieder ganz anders aussehen. Marine Le Pen, die den Front National von dem ultrarechten Mief befreit, der die Partei unter dem Vorsitz ihres Vaters noch umgab, setzt einerseits auf die nationale, andererseits auf die soziale Karte. Ihr Programm heißt: raus aus EU und Euro sowie Schluss mit der Einwanderung. Andererseits verspricht sie wirtschaftliche Besserung und Arbeitsplätze. Eine verführerische Mischung, der aber ein Denkfehler zugrunde liegt. Der bürgerliche Kandidat, der in der Stichwahl im Mai voraussichtlich gegen Le Pen antritt, wird darlegen müssen, dass der „Frexit“ keinen Aufschwung bedeutet, sondern das Gegenteil.

    Rest-Europa kann nur hoffen, dass es gelingt. Das gilt selbst für die rechtspopulistischen und EU-kritischen Regierungen in Ungarn und Polen. Diese denken im Traum nicht an Austritt, weil sie von der Gemeinschaft kräftig profitieren.

    Ohne Frankreich wäre die EU in der heutigen Form am Ende. Das würde dann auch die Deutschen bei der Bundestagswahl im September vor eine völlig neue Situation stellen. Bleibt aber alles beim Alten, wird der Wahlkampf wohl vom Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz geprägt. Die Rechtspopulisten von der AfD, im vergangenen Jahr noch Profiteure der Flüchtlingskrise, schrumpfen daneben immer mehr zur Randerscheinung.

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