Sachsens Polizeiführung wird am Donnerstag zur umstrittenen "Querdenken"-Demonstration in Leipzig am vergangenen Samstag befragt. Dazu haben der Innenausschuss und der Rechtsausschuss des Parlamentes zu einer Sondersitzung eingeladen. Die Kundgebung von mehr als 20.000 Gegnern der Corona-Maßnahmen in Deutschland war völlig aus dem Ruder gelaufen.
Die allermeisten Teilnehmer trugen keine Schutzmaske und hielten sich auch nicht an die Abstandsregeln. Zudem erzwangen sie einen Marsch in der Innenstadt - alles Dinge, die im krassen Widerspruch zur sächsischen Corona-Schutzverordnung stehen.
Die Demonstration auf dem Augustusplatz im Herzen von Leipzig war in zweiter Instanz an dieser Stelle genehmigt worden. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Leipzig einer von der Stadt beantragten Verlegung auf einen Platz außerhalb des Zentrums zugestimmt. Doch die Richter des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen (OVG) entschieden in der Nacht vor der Kundgebung, für die bundesweit mobilisiert wurde, anders. Damit ernteten sie nicht nur von der Stadt Leipzig heftige Kritik. OVG-Präsident Erich Künzler wies unterdessen Spekulationen zurück, die Entscheidung zugunsten der "Querdenken" sei ideologisch motiviert gewesen. Grundsätzlich zeigte er aber auch Verständnis für Kritik.
Bundespräsident Steinmeier: "Rücksichtslosigkeit ist kein Freiheitsrecht"
Die Polizei musste sich rechtfertigen, dass sie die Einhaltung der Auflagen nicht durchsetzte. Selbst die CDU-Koalitionspartner Grüne und SPD gingen auf Distanz. Innenminister Roland Wöller (CDU) sah sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Er verteidigte - genau wie Landespolizeipräsident Horst Kretzschmar - die Zurückhaltung der Polizei und begründete das mit der Verhältnismäßigkeit.
Aber auch die Teilnehmer der "Querdenken"-Demo, die damit gegen die Corona-Maßnahmen in Deutschland demonstrieren, gerieten ins Kreuzfeuer. "Rücksichtslosigkeit ist kein Freiheitsrecht", stellte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier klar: "Wo einige Zehntausend Menschen die Auflagen missachten, die Regeln verspotten und weder auf Abstand achten noch Masken tragen, da werden Grenzen überschritten."
Sachsen hatte nach dem Chaos in Leipzig die Regeln für Versammlungen verschärft. Die Zahl der Teilnehmer soll künftig auf 1000 begrenzt werden und nur im Ausnahmefall höher sein. Eine entsprechende Anpassung der Corona-Schutzverordnung soll noch diese Woche erfolgen. Bei der Opposition im Landtag stieß das umgehend auf Ablehnung. Die Linken hielten der Regierung "puren Aktionismus" vor. Die AfD erwägt rechtliche Schritte gegen die Beschränkung. (dpa)
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