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Landtagswahl in Bremen: SPD erleidet bei Bremen-Wahl historische Schlappe

Landtagswahl in Bremen

SPD erleidet bei Bremen-Wahl historische Schlappe

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    Bürgermeister von Bremen und Spitzenkandidat der SPD, Carsten Sieling, schaut nach Bekanntgabe der ersten Wahlprognose nach unten.
    Bürgermeister von Bremen und Spitzenkandidat der SPD, Carsten Sieling, schaut nach Bekanntgabe der ersten Wahlprognose nach unten. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Wer am Sonntagabend die Bremer SPD-Wahlparty in der Gaststätte „Ständige Vertretung“ besuchte, erwartete vielleicht, dass die Genossinnen und Genossen dort mit Stöhnen oder gar Tränen auf die 18-Uhr-Prognose zur Bürgerschaftswahl reagieren würden. Aber nichts dergleichen. Als der rote Balken der mit den Grünen regierenden SPD bei 24,5 Prozent stehen blieb, während der schwarze der CDU-Opposition bis 25,5 Prozent reichte, da verstummte noch nicht mal das kneipenübliche Gemurmel an der Theke. Offenbar kann die gebeutelte Partei nichts mehr erschüttern. Und sie war ja auch schon durch einige Wählerumfragen vorgewarnt.

    Carsten Meyer-Heder ist ein politisch unerfahrener Seiteneinsteiger

    Umso größer der Jubel bei der CDU, als ihr Spitzenkandidat Carsten Meyer-Heder, 58, mit Musikbegleitung die „Markthalle Acht“ betrat – in Sichtweite des historischen Rathauses, in dem er demnächst anstelle des SPD-Amtsinhabers Carsten Sieling, 60, ins Bürgermeisterzimmer einziehen möchte. „Wir haben jetzt einen Regierungsauftrag“, sagte der politisch völlig unerfahrene Seiteneinsteiger noch mehrmals im Laufe dieses historischen Abends – historisch deshalb, weil die Union erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs die SPD überflügeln konnte. Lesen Sie hier das Porträt: Der CDU-Hippie: Wird Carsten Meyer-Heder Bremens neuer Bürgermeister?

    Aber die Parlamentswahl zu gewinnen, heißt nicht unbedingt, die Regierung zu übernehmen. Denn dafür sind Koalitionspartner nötig. Die in der Wählergunst geschrumpften Sozialdemokraten, seit zwölf Jahren in einem Bündnis mit den Grünen regierend, hatten sich kurz vor der Wahl eindeutig auf Rot-Grün-Rot festgelegt, mit den Linken als Mehrheitsbeschaffern. Dementsprechend brandete auf der SPD-Wahlparty zum ersten Mal etwas Beifall auf, als sich bei der Prognose bestätigte, dass ein solches Dreierbündnis eine größere Mehrheit hätte als die schwarz-grün-gelbe Jamaika-Koalition, die sich die Christdemokraten wünschen.

    Entscheidend ist also, welchen Carsten die Grünen zum Bürgermeister machen wollen. Vor dem Urnengang ließen sie alles offen, und das taten sie auch am Wahlabend. Ihre Spitzenkandidatin Maike Schaefer sagte nur, dass sie diejenige Koalition anstrebt, „wo wir am meisten Grün wiederfinden“.

    Bremens Bürgermeister Carsten Sieling erhält tröstenden Beifall

    Bei der SPD-Wahlparty brandete noch einmal Beifall auf, als Bürgermeister Sieling die Kneipe betrat. Es war ein anerkennender, trotziger, tröstender Beifall. Die Prognosezahlen seien „durchaus enttäuschend“, räumte er ein. Aber er fügte auch hinzu: „Wir gucken in die Zukunft und wollen gestalten.“ Er scheint also noch Hoffnung auf den Machterhalt zu haben.

    Seit 1946 ist die SPD ununterbrochen als stärkste Kraft aus 19 Wahlen hervorgegangen, seit über 70 Jahren stellt sie den Bürgermeister.
    Seit 1946 ist die SPD ununterbrochen als stärkste Kraft aus 19 Wahlen hervorgegangen, seit über 70 Jahren stellt sie den Bürgermeister. Foto: Carmen Jaspersen, dpa

    Die realpolitische Linken-Spitzenkandidatin und Fraktionschefin Kristina Vogt, 53, ist grundsätzlich bereit für das Dreierbündnis, das der Linkspartei erstmals in Westdeutschland eine Regierungsbeteiligung ermöglichen würde. Sie schränkte allerdings ein: „Wir stehen für einen Politikwechsel bereit, aber nicht für ein Weiter-so.“

    Wenn zwei Große sich streiten, freut sich nicht immer der dritte. Die FDP schaffte es laut Prognose so gerade über die Fünf-Prozent-Hürde. Ihre jungdynamische Spitzenkandidatin Lencke Steiner, 33 – vielen besser bekannt als Investorin aus der Vox-Show „König der Löwen“ –, ist voll auf Jamaika-Kurs: „Ich würde mich freuen, wenn’s wirklich klappt.“

    AfD schneidet bei Landtagswahl in Bremen mau ab

    Am rechten Rand machten sich zwei Gruppierungen Konkurrenz: zum einen die AfD mit ihrem weit rechts stehenden Spitzenkandidaten, MdB Frank Magnitz. Den kennt man auch außerhalb Bremens, seitdem er auf offener Straße überfallen wurde. Angeblich mit einem Kantholz. In Wirklichkeit wurde er „nur“ von hinten umgestoßen. Schlimm genug, aber kein Mordversuch, wie die AfD behauptete. Die AfD schnitt im liberalen Bremen diesmal ähnlich mau ab wie bei der letzten Wahl vor vier Jahren mit damals 5,5 Prozent. Daneben kandidierten noch die etwas gemäßigteren „Bürger in Wut“ (BIW). Deren Spitzenkandidat, der kauzige Fernsehjournalist Hinrich Lührssen, ist ein Politik-Seiteneinsteiger.

    Die Fünf-Prozent-Hürde haben die Wutbürger wohl nicht übersprungen. Aber sie könnten vom Bremer Wahlrecht profitieren: Für den Sprung in das Landesparlament muss man nur in Bremen oder Bremerhaven über die Hürde kommen. Den BIW ist das seit 2007 stets in der Arbeitslosenhochburg Bremerhaven gelungen.

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