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Kurden im Irak: Kurdisches Unabhängigkeits-Referendum: Auszählung hat begonnen

Kurden im Irak

Kurdisches Unabhängigkeits-Referendum: Auszählung hat begonnen

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    Vor dem Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak hat die türkische Armee die Militärpräsenz nahe der Grenze zum Irak verstärkt.
    Vor dem Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak hat die türkische Armee die Militärpräsenz nahe der Grenze zum Irak verstärkt. Foto: Pool Turkish Military (dpa)

    Mehr als 5,2 Millionen Wähler entscheiden, ob sich die kurdischen Autonomiegebiete vom Rest des Iraks abspalten. In zwei Wahllokalen, die ein dpa-Reporter am Montagabend in der kurdischen Hauptstadt Erbil besuchte, stimmten deutlich mehr als 90 Prozent der Wähler für die Unabhängigkeit. Die Wahlbeteiligung lag am Nachmittag bei mehr als 70 Prozent. Vor den Wahllokalen bildeten sich teilweise Schlangen.

    Die Abstimmung ist rechtlich nicht bindend. Gegen das Referendum gibt es starken Widerstand. Die irakische Zentralregierung erklärte, es sei verfassungswidrig. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit einem Stopp des kurdischen Ölexportes und einer militärischen Intervention. Der Iran schloss nach dem Luftraum nach offiziellen Angaben auch die Landgrenze zu den Kurden-Gebieten.

    Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Irak: Starker Widerstand

    Gegen das Referendum zur Unabhängigkeit der Kurden gibt es starken Widerstand. Die Zentralregierung in Bagdad erklärte, es sei nicht verfassungsgemäß. Das Nachbarland Iran schloss am Sonntag den Luftraum zu den Kurden-Gebieten. Die Türkei nannte die Abstimmung "illegal und ungültig" und drohte mit Sanktionen. Auch die USA als wichtiger Verbündeter der Kurden im Nordirak und die UN sprachen sich gegen das Referendum aus.

    Das sind die Kurden

    Die Kurden sind ein Volk von rund 25 bis 30 Millionen Menschen ohne eigenen Staat. Ihr Siedlungsgebiet im Nahen Osten ist mit rund 500.000 Quadratkilometern etwa so groß wie Frankreich und erstreckt sich über mehrere Staaten.

    Die meisten Kurden leben in der Türkei (mindestens 12 Millionen), im Irak (knapp 5 Millionen, im Iran (rund 5,5 Millionen) und in Syrien (bis zu 1,3 Millionen). Weitere Kurden siedeln in Armenien und Aserbaidschan.

    In der Türkei kämpft die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) seit 1984 mit blutigen Angriffen und Bombenanschlägen für einen eigenen Staat oder zumindest für Autonomie. In dem Konflikt starben bislang bis zu 40.000 Menschen.

    Die EU stuft die PKK als Terrorgruppen ein. Im Zuge der EU-Beitrittsgespräche gab Ankara den Kurden mehr kulturelle Rechte, Zugeständnisse für mehr Autonomie blieben aber aus. Immer wieder kommt es zu Angriffen kurdischer Extremisten auf türkische Sicherheitskräfte.

    Der Nordirak gilt als PKK-Rückzugsgebiet. Mehrfach griff die türkische Armee dort vermutete Kurdenstellungen an. Seit 1991 ist die Region weitgehend autonom. Nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein 2003 wurde offiziell der Zusammenschluss der drei Nordprovinzen zur "Autonomen Region Kurdistan" erklärt.

    Der Präsident und die Regierung der Autonomen Region Kurdistan" haben ihren Sitz in der Stadt Erbil. In den Schulen wird auf kurdisch unterrichtet, die Region hat eine eigene Flagge und eigene Streitkräfte. Die Truppen der Peschmerga sollen etwa 130.000 bis 200.000 Mann zählen.

    Die syrischen Kurden leben überwiegend im Norden des Landes entlang der Grenze zur Türkei. Teile der Kurden schlossen sich dem Widerstand gegen Präsident Baschar al-Assad an, andere halten zu ihm. Seit 2014 kämpfen kurdische Volksschutzeinheiten (YPG) vorrangig gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS).

    Die Volksschutzeinheiten sind mit der syrisch-kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) verbunden. Beide stehen wiederum der kurdischen PKK nahe.

    Kurden-Präsident Massud Barsani verteidigte die Abstimmung und erklärte, die Partnerschaft mit Bagdad sei gescheitert. Er bot der Zentralregierung Verhandlungen über die kurdische Unabhängigkeit an. Barsani erklärte, er erwarte keine Zusammenstöße mit der irakischen Armee. Die kurdischen Peschmerga-Kämpfer seien aber bereit, auf jeden Angriff zu reagieren. Der Türkei und dem Iran sagte er zu, die Kurden würden ein Faktor für Stabilität in der Region sein und sich an internationale Grenzen halten.

    Irakisches Parlament fordert militärische Intervention

    Das irakische Parlament hat die Entsendung von Truppen in die zwischen Bagdad und den Kurden umstrittenen Gebiete gefordert. Während die Kurden im Nordirak am Montag in einem umstrittenen Referendum über ihre Unabhängigkeit abstimmten, forderte das Parlament in Bagdad Ministerpräsident Haidar al-Abadi in einer Resolution auf, Soldaten in Gebiete zu entsenden, die seit 2003 von den Kurden besetzt worden sind.

    Die Regierung ist gemäß der Verfassung verpflichtet, den Beschlüssen des Parlaments Folge zu leisten. Die Entsendung von Truppen würde einer Kriegserklärung an die Kurden gleichkommen. Bei den umstrittenen Gebieten geht es um Gebiete, die außerhalb der Grenzen der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion im Nordirak liegen, aber seit Jahren von den kurdischen Truppen kontrolliert werden.

    Insbesondere geht es um die ölreiche Provinz Kirkuk sowie Teile der Provinzen Niniveh, Dijala und Salaheddin. Die meisten dieser Gebiete wurden seit 2014 von den kurdischen Peschmerga-Milizen im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) erobert. Bagdad hatte bereits am Sonntag gewarnt, alle "nötigen Maßnahmen" zum Schutz der nationalen Einheit zu ergreifen. dpa/sh

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