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Kunst im Bundestag: So schmücken unsere Abgeordneten ihre Büros

Kunst im Bundestag

So schmücken unsere Abgeordneten ihre Büros

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    Die Besucher des Reichstagsgebäudes werden an vielen Stellen mit Kunst konfrontiert. Dieses fünfteilige Fotogemälde von Katharina Sieverding erinnert an die von 1933 bis 1945 verfolgten, ermordeten und verfemten Mitglieder des Reichstags der Weimarer Republik.
    Die Besucher des Reichstagsgebäudes werden an vielen Stellen mit Kunst konfrontiert. Dieses fünfteilige Fotogemälde von Katharina Sieverding erinnert an die von 1933 bis 1945 verfolgten, ermordeten und verfemten Mitglieder des Reichstags der Weimarer Republik. Foto: Stephan Klonk, Deutscher Bundestag

    Haben Linke einen anderen Geschmack als CDU-Mitglieder, wenn es um Kunst geht? Mögen Sozialdemokraten andere Farben als Grüne? Nach mehr als zwei Jahrzehnten als „Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages“, wie es auf seiner Visitenkarte steht, hat Andreas Kaernbach eine klare Antwort: „Mitglieder von Parteien haben keine festgelegten Vorlieben“, sagt der Kunsthistoriker.

    Vielmehr gebe es parteienübergreifend zwei Merkmale bei der Auswahl von Kunst: „Viele Abgeordnete sehen in ihr einen Fluchtbereich, raus aus der täglichen Arbeit. Andere wiederum achten auf politische Themen, über die sie sich vielleicht mit Besuchern in ihren Büros unterhalten können.“

    Bei Ekin Deligöz steht die Heimatverbundenheit im Mittelpunkt

    Bei der Grünen-Abgeordneten Ekin Deligöz aus Neu-Ulm ist es die Heimatverbundenheit, die sie in Berlin pflegt. Über der Sitzgruppe in ihrem Raum hängt ein Bild von Engelbert Hilbich (1923–2011), der als Vertriebener aus Schlesien an die Donau gelangte. Im niederbayerischen Landshut hat er als Lehrer und Künstler gearbeitet. „Wenn ich seine

    Der eigenwillige Maler wollte das Bild allerdings nicht an die Politikerin verkaufen, aber als sie ihm erklärte, dass sie es nach Berlin mitnähme, war er bereit zu einer Leihgabe. Nach seinem Tod konnte Deligöz das Werk von den Erben erwerben. „Es ist Landschaft und Stillleben, Licht, Schatten und Spiegelung in einem. Sehr anrührend. Das ist meine Heimat in Berlin.“

    Anton Hofreiter sitzt noch vor kahlen Wänden

    Ihr Kollege Anton Hofreiter aus dem Landkreis München dagegen, der neue Grünen-Fraktionschef, sitzt an seinem Schreibtisch noch vor kahlen Wänden. Er denke schon darüber nach, was ins Büro gehöre, heißt es in seinem Vorzimmer. Könnte man ihn mal fragen? Ja, heißt es. Tags darauf vermeldet sein Assistent: „Herr Hofreiter denkt darüber nach, hat sich noch nicht endgültig entschieden.“ Eventuell wird er die Dienste des Kurators in Anspruch nehmen, zurzeit aber stehe Wichtigeres auf dem Plan.

    Der Bundestag

    Der Bundestag ist das Parlament der Bundesrepublik Deutschland.

    Sitzt ist der Reichstag in Berlin.

    Der Bundestag wird für vier Jahre gewählt.

    Die erste Sitzung fand am 7. September 1949 statt.

    Den Vorsitz hat der Bundestagspräsident.

    Der Bundestag wird als einziges Verfassungsorgan Deutschlands direkt vom Volk gewählt.

    Mitglieder des BT schließen sich zu Fraktionen zusammen.

    Der Bundestag hat eine eigene Postleitzahl: 11011.

    Der BT hat bei der Gesetzgebung Initiativrecht. Neben dem Bundesrat kann er Gesetzentwürfe vorschlagen.

    Der Bundeskanzler wird vom Bundestag ohne Aussprache gewählt.

    Jeder der 631 Abgeordneten im Bundestag darf die Dienste von Andreas Kaernbach und seines Teams in Anspruch nehmen. Nach der letzten Bundestagswahl gab es viel Arbeit. „Alles hat sich umgruppiert, auch Abgeordnete, die bereits Mitglieder des Bundestags waren, bekamen teilweise neue Räume. Und viele von ihnen haben informell bei mir angefragt, mit welcher Kunst sie ausgestattet werden könnten“, erklärt Kaernbach: „Dann erarbeite ich Vorschläge.“

    Eine andere Möglichkeit ist, Parlamentarier durch das hauseigene Depot zu führen, dort können sie sich etwas aussuchen. Zurzeit wird dort viel gewerkelt, denn Bilder müssen ab- und andere aufgehängt werden, Skulpturen sind zu transportieren und müssen gut verpackt sein.

    Volker Ullrich träumt von Stadt- und Landkarten

    Volker Ullrich (CSU) aus Augsburg hat eine andere Idee. „Ich bin ein Landkarten-Fan, ich will an der Wand eine Deutschland- und eine Europakarte haben. Das verschafft mir Überblick.“ Sein Traum wäre der Nachdruck des „Grundrisses der Stadt

    Als Ordnungsreferent in Augsburg hatte Ullrich das Kunstwerk im Büro, bei seinem Abschied in den Bundestag musste er es zurücklassen. Nun leidet er offenkundig unter Entzugserscheinungen. „Es ist ein kartografisches Meisterwerk“, schwärmt er. „Die Markthändler sind wunderbar dargestellt, die Besucher ebenso. Selbst die Peitschen der Kutscher hat der Künstler nicht vergessen. Beim Anschauen fühle ich mich ins Jahr 1626 zurückversetzt, in dem das Werk entstand. Eine so schöne und stolze Fugger-Stadt war Augsburg.“

    Die Stadtverwaltung sollte überlegen, ob sie ihrem Mann in der Hauptstadt den Kupferstich leihweise für seine Zeit als Bundesparlamentarier überlassen könnte.

    Andreas Kaernbach ist nicht nur Kurator der Kunstsammlung des Bundestages, er hat auch die Funktion eines Sekretärs des achtköpfigen Kunstbeirats inne. Er berät die Kommission und empfiehlt Ankäufe, über die dann abgestimmt wird. Der Kunstbeirat ist parteiparitätisch besetzt: Von der SPD sind Ulla Schmidt und Wolfgang Thierse dabei, von der Union Monika Grütters, Dorothee Bär und Siegfried Kauder, von den Grünen Katrin Göring-Eckardt und von der Linken Lukrezia Jochimsen; für die ausgeschiedene FDP-Vertreterin Claudia Winterstein wird es eine Nachfolgeregelung geben.

    Unter Leitung des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert bestimmen sie über Kunst-am-Bau-Konzepte im Berliner Parlamentsviertel und über die Auswahl von zeitgenössischen Künstlern und deren Kunstwerken bei den Ausstellungen im Kunst-Raum des Deutschen Bundestags im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus an der Spree.

    Bei der mindestens einmal pro Jahr stattfindenden Sitzung entscheiden sie über die Aufstockung der Sammlung aus Steuermitteln, über Kunstwettbewerbe und über die Ausstattung der Artothek, deren Nutzung allen Abgeordneten zusteht.

    Bei Gabriele Fograscher gibt es statt Kunst Bilder von der Familie

    Nicht alle bedienen sich daraus: Gabriele Fograscher (SPD), wiedergewählte Abgeordnete des Wahlkreises Donau-Ries, verzichtet auf Kunst. „Ich habe nicht genug Platz an den Wänden“, sagt sie. „Dort hängt eine große Pinnwand mit Fotos von meinem Mann und unseren beiden Kindern und der Gartenkalender der Augsburger Allgemeinen, der mir jedes Jahr besonders gefällt.“ Das gab es früher häufig. Eine solche Mischung gab einst den Ausschlag dafür, Kunst leih- und wahlweise an die Bundestagsabgeordneten zu bringen.

    Es war die kunstbeflissene Sozialdemokratin Annemarie Renger (1919–2008), die 1979 die Kunstkommission im Bundestag gründete. Die emsige Politikerin war von 1972 bis 1976 Präsidentin des Bundestages, von 1953 bis 1990 gehörte sie ununterbrochen dem höchsten deutschen politischen Gremium an. 1995 ging die Kunstkommission im neugegründeten Kunstbeirat auf.

    Kaernbach ist glücklich über die Zusammenarbeit mit Lammert und dem Kunstbeirat. Er wünscht sich, dass das Kunstengagement des Bundestages auf dem bisherigen Niveau fortgesetzt werden kann. Zwei Prozent der Bausumme von Parlamentsgebäuden werden in Kunstankäufe gesteckt.

    Im Reichstag ist die Kunst für alle zugänglich

    Auch einige Stars wie Gerhard Richter oder Sigmar Polke sind groß vertreten. Jenny Holzer, Bernhard Heisig und Joseph Beuys sind gut platziert. – Alles nur für Leute mit Hausausweis? Nein, widerspricht der Kurator. Anderthalb Millionen Besucher besichtigen im Jahr den Bundestag. „Den

    Deshalb erhält der Kurator endlich auch ein Depot – das bisher extern war –, direkt im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Damit geht für Andreas Kaernbach ein Traum in Erfüllung.

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