Bayern zieht nach: Seit dieser Woche dürfen auch im Freistaat Geschäfte ihre Verkaufsflächen bis zu einer Maximalgröße von 800 Quadratmetern wieder öffnen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte in dieser Frage bisher deutlich defensiver argumentiert und agiert als mancher Amtskollege. Zu groß war und ist seine Sorge, dass mit einer Zunahme des Publikumsverkehrs auch die Zahl der Neu-Infizierten wieder stärker ansteigt.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat nun einen Vorschlag unterbreitet, mit dem die Steuerung des Publikumsverkehrs möglich sein soll: Er schlägt eine App vor, über die sich Bürger für Läden und Restaurants Tickets ziehen können. Der Einkauf und der Restaurantbesuch - genauso organisiert wie ein Abstecher zur Kfz-Zulassungsstelle? Der DIHK sieht darin eine praktikable Möglichkeit, um ein Maximum an Sicherheit bei gleichzeitiger Lockerung der Beschränkungen herzustellen. „Das entzerrt die Kundenströme, verringert die Ansteckungsgefahr und sorgt für eine kontinuierliche Auslastung der Geschäfte“, heißt es in dem Konzeptpapier des DIHK, aus dem das Redaktionsnetzwerk Deutschland zuerst zitiert hatte.
Nur wer ein gültiges Ticket hat, kann rein
Nach Vorstellung des DIHK sollen etwa Geschäfte in einer digitalen Anwendung Eckdaten wie Öffnungszeiten oder Verkaufsflächen angeben. Ein Algorithmus könnte dann das vertretbare Kundenaufkommen berechnen. Ein interessierter Bürger bekäme dann ein exakt terminiertes Ticket für seinen Besuch zugeteilt - im Idealfall automatisiert. Der Zugang zum Geschäft soll dann laut DIHK mittels Smartphone erfolgen. Nur wer ein gültiges Ticket habe, bekäme den Eintritt gewährt.
Ähnlich könne dies für den Restaurantbesuch organisiert werden, so der DIHK. „Für die Berechnung der aus epidemiologischer Sicht verantwortbaren Auslastung würden die Restaurants entsprechend angeben, wie viele Plätze sie bei Einhaltung der entsprechenden Abstandsregeln anbieten können“, heißt es dazu im Papier.
In den USA ist die App bereits im Betrieb
Die Idee mit der App ist nicht neu. Auf demselben Weg buchten US-Amerikaner bisher vielerorts nur einen Tisch in ihrem Lieblingsrestaurant. Seit ein paar Wochen ist über die Anwendung „Open Table“ zusätzlich auch ein Zeitfenster für den Wocheneinkauf im Supermarkt buchbar.
Der DIHK geht sogar noch weiter: Nicht nur der eigentliche Besuch im Supermarkt oder im Restaurant sei mit der App planbar. Auch ein verfügbarer Parkplatz könne gleich mitgebucht werden. Das ginge allerdings nur, wenn das Ticketsystem auch mit Parkplatzdaten synchronisiert wäre. Ebenso sei anhand von Bewegungsdaten vorhersagbar, ob Menschen in naher Zukunft auf den öffentlichen Nahverkehr setzen könnten. Wenn gerade besonders viele Menschen in Bus und Bahn unterwegs seien, könne es eine Warnung geben.
Merkel und Altmaier haben den Vorschlag auf dem Tisch
Die Verfasser des Papiers sind überzeugt von der Wirkkraft ihres Vorschlags: „Digitale Lösungen helfen, im Alltag Abstand zu halten, ohne zu Hause bleiben zu müssen", zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland aus dem Konzeptpapier. Diese Lösungen seien „ein äußerst wirksames und vielfältig einsetzbares Instrument zur Vermeidung von Menschenansammlungen“ und würden bereits seit Längerem zur Steuerung großer Touristenströme eingesetzt.
Das Ideenpapier des DIHK liegt seit dem Wochenende auf dem Tisch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) und den Spitzen der Koalitionsparteien. Bis Dienstagabend gab es noch keine offizielle Stellungnahme zu den Vorschlägen des DIHK.