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Künstliche Befruchtung: Augsburger Weihbischof kritisiert Nobelpreis-Entscheidung

Künstliche Befruchtung

Augsburger Weihbischof kritisiert Nobelpreis-Entscheidung

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    Weihbischof Losinger
    Weihbischof Losinger Foto: Fred Schöllhorn

    Der Augsburger Weihbischof Dr. Anton Losinger hält die Kritik an Robert Edwards und der künstlichen Befruchtung für plausibel. Losinger ist Mitglied des Deutschen Ethikrates und der Bayerischen Bioethikkommission. Er hat den folgenden kritischen Zwischenruf zur Verleihung des Medizinnobelpreises an Edwards verfasst.

    Weihbischof Losingers kritischer Zwischenruf im Wortlaut:

    "Der Medizinnobelpreis für den "Vater der künstlichen Befruchtung" Robert Edwards berührt das Gefühl: Kann denn falsch sein, dass er tausenden unfruchtbarer Paare zum Kinderglück verholfen hat? Die Kritik des Vatikan, von namhaften Bioethikern und Ärztevertretern fordert den Verstand: Kann denn richtig sein, dass eine medizinische Methode nicht effektiv auf ihre "Risiken und Nebenwirkungen" geprüft wird - wie es auf jedem Beipackzettel verlangt wird?

    Hat sich nicht jede wissenschaftliche, medizinische und technische Disziplin - also auch In-vitro-Fertilisation (IVF) - einer nüchternen Technikfolgenabschätzung zu unterziehen, in der die Langzeitwirkungen und Risiken für das Leben genau bemessen und beurteilt werden müssen? Es geht bei der ethischen Bewertung der Methode der künstlichen Befruchtung zuallererst um das prinzipielle Lebensrecht jedes Menschen. Es reicht von der Zeugung bis zu einem friedlichen Tod. Denn der menschliche Embryo ist ein embryonalrer Mensch! Diese Diskussion um den "status embryonis" wird - einmal ganz abgesehen von der stets virulenten Frage der Abtreibung - durch IVF und Präimplantationsdiagnostik (PID) unweigerlich neu befeuert werden.

    Das Embryonenschutzgesetz und das Grundgesetz bieten dem ungeborenen Leben in der Bundesrepublik - zumindest theoretisch - höchste Schutzwürdigkeit. Dagegen sind die "Nebenwirkungen" von "In-Vitro-Fertilisation" und in logischer Kombination von "Präimplantationsdiagnostik" in vielen Fällen konzeptionell tödlich. Dies reicht von der Erfolgsquote bei Kryokonservierung (wie viele der eingefrorenen Embryonen erreichen das Lebensziel?) bis zur gezielten Auswahl von Embryonen zur Implantation (was geschieht mit den anderen?).

    Vor allem nach dem PID-Urteil des 5. Senats des BVG sind die Karten neu gemischt. Die Frage nach der Selektion gendefekter Embryonen steht im Raum. Das "Designerbaby" wurde häufig thematisiert. Und was ist mit den Menschen, die nicht diesem "Design" entsprechen? Welches Menschenbild des behinderten Menschen werden wir generieren, wenn genetische Defekte "in vitro" gezielt diagnostiziert und ausgeschaltet werden können?

    Und schließlich in aller Nüchternheit gefragt: In welcher Gesellschaft wollen wir leben, wenn nur das Perfekte Lebenswert hat? Am Ende eine Frage aus dem Bauchgefühl heraus: Werden wird die Entkoppelung von Liebe und Zeugung tatsächlich wollen? Wird die technische Perspektive die Entstehung menschlichen Lebens bald dominieren?

    Und endlich: Werden die Kinder, die nach ihrer Herkunft, ihrer Familie und ihren Eltern fragen, gerade im Falle einer heterologen Insemination mit einer technischen Antwort auf ihre Identitätsfrage zufrieden sein?"

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