Der Grundstein für einen deutschlandweiten Einsatz der elektronischen Fußfessel für entlassene Straftäter ist in mehreren Bundesländern gelegt. Doch Kritik kommt von der deutschen Polizeigewerkschaft. Mit der elektronischen Fußfessel würde die Justiz "Russisch Roulette mit der Bevölkerung" spielen. Zudem würde das Problem der Überwachung auf die Polizei abgewälzt, so der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt.
Am Montag traten Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern in Wiesbaden einem Abkommen zur Einrichtung einer gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder bei. Bayern und Hessen hatten den entsprechenden Staatsvertrag bereits im Mai unterzeichnet. Die übrigen Länder wollen sich ebenfalls beteiligen. Die in Hessen angesiedelte gemeinsame Überwachungsstelle soll Anfang kommenden Jahres die Arbeit aufnehmen.
Fußfessel: Nicht sehen, was der Täter gerade tut
Die Deutsche Polizeigewerkschaft lehnt die Überwachung von Schwerverbrechern mit Hilfe elektronischer Fußfesseln ab. Niemand könne sehen, was der Täter gerade tue, wenn er als Signal auf einem Bildschirmen auftauche, sagte DpolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt am Montag in Berlin. Die Justiz spiele auf diese Weise "Russisch Roulette mit der Bevölkerung". Es fehle auch an Personal, um "ständig abrufbereit auf blinkende Lämpchen zu reagieren, die in 500 Kilometern Entfernung Alarm schlagen", sagte Wendt. Er wandte sich gegen eine Zentrale zur Überwachung der Fußfesseln in Hessen, die am Montag mit der Unterzeichnung eines Staatsvertrags gegründet werden sollte.
Träger der elektronischen Fußfessel per GPS überwacht
Das Tragen einer elektronischen Fußfessel kann von einem Gericht für entlassene Straftäter angeordnet werden, wenn weiterhin die Gefahr schwerer Straftaten - vor allem von Gewalt- und Sexualstraftaten - angenommen wird. Die Träger der Fußfessel werden mittels des satellitengestützten Navigationssystems GPS überwacht. Die eingehenden Daten werden von der zentralen Überwachungsstelle im hessischen Bad Vilbel ausgewertet, die wiederum bei Gefahren die für die jeweiligen Fußfessel-Träger zuständige Polizei-Dienststelle informieren kann.
Das Tragen der Fußfessel kann auch mit bestimmten Auflagen zu den Aufenthaltsorten verbunden sein. Dabei wird etwa festgelegt, dass eine bestimmte Zone nicht verlassen oder festgelegte Bereiche nicht betreten werden dürfen. Das Überwachungssystem ist auf rund 500 Menschen ausgelegt. Die Kosten belaufen sich pro Jahr auf knapp zwei Millionen Euro, die auf die teilnehmenden Bundesländer umgelegt werden.
Die Justizminister von Hessen und Bayern, Jörg-Uwe Hahn (FDP) und Beate Merk (CSU), hatten einen entsprechenden Staatsvertrag bereits im Mai am Rande einer Länder-Justizministerkonferenz unterzeichnet. Dies geschah auch vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung. Das Gericht hatte alle Regelungen zur Sicherungsverwahrung gekippt und dem Gesetzgeber für eine grundlegende Reform eine Zwei-Jahres-Frist bis 2013 gesetzt.
Die Aufenthaltsüberwachung durch die elektronische Fußfessel sei "ein weiterer Baustein zum Schutz der Bevölkerung vor rückfallgefährdeten Gewalt- und Sexualstraftätern", erklärte der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) bei der Unterzeichnung des Vertrags in Wiesbaden. Sein baden-württembergischer Kollege Rainer Stickelberger (SPD) betonte, die Überwachung sei zwar kein Allheilmittel, aber damit gebe es ein zusätzliches Instrument, um Rückfalltaten so weit wie möglich zu verhindern und den Schutz der Öffentlichkeit weiter zu verbessern.dapd/afp/AZ