Seit dem bekannt wurde, dass der Verfassungsschutz 27 der 76 Linken-Bundestagsabgeordneten beobachtet, hagelt es Kritik am Bundesamt für Verfassungsschutz in die Kritik. Zu den beobachteten Linken-Abgeordneten zählt fast die gesamte Fraktionsspitze der Linken, auch Gregor Gysi und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. Die Partei kündigte an, dass sie sich politisch und juristisch gegen die Überwachung durch die Geheimdienstler zur Wehr setzen werde.
Justizministerin: Verfassungsschutz sollte seine Arbeit überdenken
"Wenn es tatsächlich wahr ist, dass langjährige Bundestagsmitglieder bis hin zur Bundestagsvizepräsidentin überwacht werden, wäre das unerträglich", sagte Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. "Nach der Pannenserie um die Zwickauer Zelle sollte der Verfassungsschutz selbstständig seine Arbeit und seine Schwerpunkte überdenken", fügte die Ministerin hinzu.
Die Arbeit frei gewählter Bundestagsabgeordneter dürfe nicht durch den Verfassungsschutz beeinträchtigt werden, sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe). Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), forderte das Bundesamt für Verfassungsschutz auf, die Beobachtung von Realpolitikern der Linkspartei im Einzelfall zu begründen.
Verfassungsschutz müsse Beobachtung gut begründen
Bosbach sagte der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe): "Wer sich in der Partei eine Kommunistische Plattform hält, darf sich nicht wundern, dass es eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz gibt." Er fügte aber hinzu, dass er über die "hohe Zahl" der beobachteten Abgeordneten "überrascht" gewesen sei. Der Verfassungsschutz müsse "schon gut begründen, warum er auch Material sammelt über die Realos bei der Linkspartei". Er müsse "Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen belegen können". Allein die Mitgliedschaft in der Partei Die Linke reiche dafür nicht aus.
Klage der linken Bundestagfraktion
Der beste Ort für eine solche Erläuterung sei der Bundestagsinnenausschuss, sagte Bosbach. Er tagt am Mittwoch das nächste Mal. Eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe stellte noch für 2012 ein Urteil über die Klage der Bundestagsfraktion sowie des Thüringer Linksfraktionsvorsitzenden Bodo Ramelow gegen die Beobachtung in Aussicht. Sie erklärte der "Mitteldeutschen Zeitung": "Das Gericht wird voraussichtlich in diesem Jahr entscheiden."
Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, die Beobachtung von Teilen der Linkspartei zu stoppen. Die Beobachtung der Linken sei nach wie vor durch bestimmte Teile des Parteiprogramms gerechtfertigt, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. afp/AZ