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Krise in China: Das Coronavirus bringt Chinas Mächtige in Bedrängnis

Krise in China

Das Coronavirus bringt Chinas Mächtige in Bedrängnis

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    Chinas Ministerpräsident Li Keqiang sprach dieser Tage in Wuhan mit Klinikmitarbeitern. Er leitet auch das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas für die Vorbeugung und Kontrolle des Coronavirus.
    Chinas Ministerpräsident Li Keqiang sprach dieser Tage in Wuhan mit Klinikmitarbeitern. Er leitet auch das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas für die Vorbeugung und Kontrolle des Coronavirus. Foto:  Li Tao, imago images

    Als sich Staatspräsident Xi Jinping kürzlich über das Staatsfernsehen an die chinesische Öffentlichkeit wandte, wählte er eine geradezu apokalyptische Metapher: „Das Virus ist ein Teufel“, sagte der starke Führer der Volksrepublik und zeichnete ein düsteres Bedrohungsszenario. Doch prompt folgte auch die Beruhigungspille: So ernst die Lage auch sei, man werde diesen Kampf gegen das Böse gewinnen.

    Auf dem Weg zum Sieg wird die chinesische Bevölkerung allerdings noch weitere Opfer erbringen müssen: Erneut ist die Anzahl der Toten, Infizierten und Verdachtsfälle deutlich angestiegen. Mindestens 425 Menschen sind bereits durch das Coronavirus umgekommen, über 20.000 haben sich angesteckt.

    Der Höhepunkt der Krankheit wird später erwartet als bisher gedacht. „Wir gehen davon aus, dass der Höhepunkt der Epidemie in zehn Tagen bis zwei Wochen erwartet wird“, sagte der Chef des nationalen Virus-Expertenteams, Zhong Nanshan. Er korrigierte damit seine Vorhersage von vor einer Woche, als er den Höhepunkt für Ende dieser Woche vorhergesagt hatte. Die Sterblichkeitsrate bezifferte er auf 2,4 bis 2,5 Prozent.

    Misstrauen gegenüber offiziellen Botschaften zum Coronavirus

    In den sozialen Medien ist das Misstrauen gegenüber der „offiziellen Botschaft“ zu Recht groß. Dort mischt sich in die anfängliche Beunruhigung nun auch zunehmend Frust gegenüber den Behörden. Unter den Live-Streams der täglichen Pressekonferenz der Gesundheitskommission etwa halten die Nutzer nicht zurück mit ihrer Kritik. Einer schreibt über die als vage empfundenen Aussagen der Funktionäre: „So einen Mist muss ich mir echt nicht anschauen!“ Ein anderer postet: „Unser Leben scheint nicht mehr Wert zu haben als das eines Insekts. Leute, bitte wacht endlich auf!“

    Die Wut des Internets zielt bislang vor allem auf die als inkompetent wahrgenommene Lokalregierung in Wuhan. Sollte die Quarantäne weiter anhalten, könnte sich der Unmut jedoch auch bald gegen die politische Führung in Peking richten. Niemand wird sich der Gefahr bewusster sein als Präsident Xi Jinping selbst.

    Chinas Präsident Xi Jinping bei einem Auftritt in der Großen Halle des Volkes in Peking.
    Chinas Präsident Xi Jinping bei einem Auftritt in der Großen Halle des Volkes in Peking. Foto: Ng Han Guan/AP, dpa (Archiv)

    Für den mächtigsten Mann des Landes wird der Virusausbruch zur Probe. Schließlich inszeniert er sich als volksnahe Vaterfigur, die sich um die Sorgen der Bevölkerung kümmert. Nun steht „Onkel Xi“ unter Druck, die Krise auch tatsächlich in den Griff zu bekommen. Im Gegensatz zu den Aufständen in Hongkong oder dem Erdrutschsieg der Peking-kritischen Präsidentin Tsai Ing-wen in Taiwan kann er diesmal nicht „die CIA“ oder „ausländische Kräfte“ für die

    Corona-Ausbruch: Bürgermeisters von Wuhan übt Selbstkritik

    Der 66-Jährige hat wie kein zweiter Herrscher seit Mao Tse-tung den Führerkult um sich ausgebaut, die Macht innerhalb der Partei zentriert und mehrere hundert, teils alteingesessene Parteikader während seiner Antikorruptionskampagne geschasst. In einem solch hierarchischen System haben die Untergebenen zunehmend Angst, schlechte Nachrichten an Vorgesetzte weiterzuleiten. Wie zum Beweis trat Anfang vergangener Woche der Bürgermeister von Wuhan – dem Epizentrum des Virusausbruchs – vor die Medien.

    Im bisher größten Anflug von Selbstkritik sagte Zhou Xianwang, das Krisenmanagement der Stadt sei „nicht gut genug“ gewesen. Und fügte an, er habe die Öffentlichkeit erst Wochen später nach dem ersten Virus-Fall informieren können, weil die „Regelungen der Regierung“ dies so vorsehen. Anscheinend, so die Botschaft zwischen den Zeilen, brauchte er für die Bekanntmachung über das Virus erst die Erlaubnis von ganz oben. Insofern zeigt der Corona-Ausbruch auch systemimmanente Makel der chinesischen Regierung auf.

    Die Staatsführung könnte auf die Krise nun mit innerer Öffnung reagieren. Stattdessen jedoch schlägt Xi Jinping den in solchen Szenarien üblichen Weg ein – und hält die Zensoren des Landes dazu an, „die Anleitung zur öffentlichen Meinung zu verstärken“. Dabei sollte sich die Staatsführung darüber im Klaren sein: Die Kritik gegen die Mächtigen lässt sich zwar aus den Internetforen löschen, nicht jedoch aus den Köpfen.

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