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Kriminologe Christian Pfeiffer: „Ich bin das Gegenteil eines Kirchenfeinds“

Kriminologe Christian Pfeiffer

„Ich bin das Gegenteil eines Kirchenfeinds“

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    Die Missbrauchstudie ist laut dem Kriminologen Christian Pfeiffer aus Angst der Kirche vor einem neuen Skandal gescheitert.
    Die Missbrauchstudie ist laut dem Kriminologen Christian Pfeiffer aus Angst der Kirche vor einem neuen Skandal gescheitert. Foto: dpa

    Der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer hat für das Scheitern der Missbrauchsstudie eine Furcht der katholischen Kirche vor der Enthüllung neuer Skandale verantwortlich gemacht. Pfeiffer sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Freitagausgabe), bei dem Konflikt hätten offenbar aus kirchlicher Sicht negative Erfahrungen des Bistums München-Freising bei dessen eigener Akten-Durchforstung auf Missbrauchsfälle eine Schlüsselrolle gespielt. Deshalb habe der zuständige Münchner Generalvikar Peter Beer auf die Kontrolle über die Forschungsergebnisse gedrungen, was aus wissenschaftlicher Sicht jedoch unzumutbar gewesen sei.

    Kirche geht juristisch gegen Kriminologen Pfeiffer vor

    München hat als einzige Diözese mit hohen Kosten eine solche Forschung durch eine Anwaltskanzlei schon einmal durchführen lassen“, sagte Pfeiffer. „Wenn die allererste Probebohrung, die man gemacht hat, sehr erschreckende, für die Kirche unangenehme Erkenntnisse gebracht hat, dann kann ich nachvollziehen, dass der einzige, der diese unveröffentlichten Ergebnisse kennt, mehr Kontrolle verlangt“, fügte er hinzu. „Vielleicht waren die Ergebnisse ja so katastrophal, dass der dortige Generalvikar die Folgerung zog, dass die Kirche eine weitere Forschung nur zulassen könne, wenn man die Wissenschaftler unter ähnlicher Kontrolle hat wie eigene Anwälte“, sagte der Kriminalitätsforscher.

    Presseveröffentlichungen Auslöser für endgültigen Bruch

    „Beer hat mehr Kontrollrechte für die Kirche gefordert, die es ihr ermöglichen würden, gegebenenfalls auch Veröffentlichungen unseres Instituts zu verbieten“, berichtete Pfeiffer. Damit sei das Projekt in der Krise gewesen. „Wir haben über Monate versucht, Kompromisse zu finden“, erklärte Pfeiffer. Als er ein Rundschreiben an alle Bischöfe geschrieben habe, ob noch Bereitschaft besteht, das Projekt zu realisieren und auf Erkenntnisse über Aktenvernichtungen in manchen Diözesen hingewiesen habe, sei es zum Bruch gekommen. „Das war ein internes Schreiben, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt“, erläuterte Pfeiffer. „Doch ein Unbekannter hat es einer Zeitung gesteckt, und so wurde der Streit jetzt öffentlich.“

    „Werde die Unterlassungserklärung nicht unterschreiben“

    Pfeiffer betonte, dass er seine Zensurvorwürfe gegen die Kirche  trotz der Klagedrohung der Deutschen Bischofskonferenz  aufrecht erhalten werde. „Wir werden die Unterlassungserklärung mit Sicherheit nicht unterschreiben“, sagte Pfeiffer. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn es zur Prüfung vor Gericht kommt. Dann bekommen wir eine gerichtsamtliche Bestätigung, dass unsere These richtig ist.“

    „Bedauere Streit sehr“

    Der Wissenschaftler zeigte sich enttäuscht über das Verhalten der Kirche. „Ich bedauere sehr, dass wir jetzt öffentlich einen solchen Streit führen“, sagte Pfeiffer. „Ich bin das Gegenteil eines Kirchenfeinds. Ich habe bewusst als evangelischer Christ katholisch geheiratet und zwei katholische Kinder.“ Der ehemalige niedersächsische SPD-Justizminister sagte, er habe gerne und gut mit den kirchlichen Projektvertretern Bischof Stephan Ackermann und Pater Hans Langendörfer zusammengearbeitet. „Aber ich habe erkennen müssen, dass sie nicht einhalten konnten, was sie zugesagt haben – den Vertrag so umzusetzen, wie wir ihn vereinbart haben.“

    Teile der Opferforschung bereits fast abgeschlossen

    Pfeiffer kündigte an, Teile des Projekts nun eigenständig weiterzuführen. „ Die Opferforschung verläuft völlig unbeeinträchtigt von dem Streit“, sagte er. „Hier haben wir die Interviews längst geführt und eine Doktorarbeit entsteht.“ Bei der Täterforschung hätten jedoch keine Interviews geführt werden können, „weil wir hierfür den Startschuss durch Bischof Ackermann gebraucht hätten“, sagte Pfeiffer.

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