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Kriminalstatistik: Die Kriminalität sinkt, die Angst wächst

Kriminalstatistik

Die Kriminalität sinkt, die Angst wächst

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    Die Zahl der Wohnungseinbrüche sank auf 97.500 Fälle.
    Die Zahl der Wohnungseinbrüche sank auf 97.500 Fälle. Foto: Alexander Kaya (Symbol)

    Bundesinnenminister Horst Seehofer wirkt blass und sorgenvoll, obwohl er am Dienstagmorgen in Berlin eigentlich gute Nachrichten zu verkünden hat: „2017 haben wir die niedrigste Kriminalitätsrate seit 1992 verzeichnet, 2018 ist sie noch einmal gesunken.“ 5,56 Millionen Straftaten, so der CSU-Politiker, seien in der polizeilichen Kriminalstatistik für das vergangene Jahr erfasst, 3,6 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Seehofer spricht vom „niedrigsten Wert seit Jahrzehnten“, auch wenn er einräumt, dass es natürlich bei vielen Delikten hohe Dunkelziffern gebe. Und betont, dass jede Straftat eine zu viel sei. „Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt“, so der Innenminister, „das verdanken wir vor allem der Arbeit der Polizei.“

    „Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt, das verdanken wir vor allem der Arbeit der Polizei", sagt Horst Seehofer.
    „Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt, das verdanken wir vor allem der Arbeit der Polizei", sagt Horst Seehofer. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Allerdings, und damit kommt Seehofer zu den Schattenseiten der Statistik: „Die Aggressivität gegen Polizisten nimmt zu.“ Und das sei durch nichts zu rechtfertigen, auch nicht durch Alkoholkonsum. Insgesamt 34.000 Fälle von Widerstand gegen die Staatsgewalt verzeichnet der Bericht, das entspräche einer Steigerung von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit einer Gesetzesänderung fallen aber nun erstmals viele Straftaten in diese Kategorie, die zuvor als „normale“ Körperverletzungen gezählt wurden. Und auch Angriffe auf Rettungskräfte oder Feuerwehrleute werden jetzt mitgezählt. Damit offenbare sich das ganze Ausmaß der Übergriffe auf Polizei und Rettungskräfte, sagt Seehofer und kündigt an, mit „null Toleranz“ massiv gegen das Problem vorzugehen. „Es muss in Deutschland Staatsräson werden, gesellschaftlicher Konsens, dass man keinen Widerstand gegen Polizeibeamte zu leisten hat“, sagt er.

    Kriminalstatistik: Zahl der Diebstähle und Wohnungseinbrüche sinkt

    Für manche Bereiche weist die Statistik einen deutlichen Rückgang aus. So sank die Zahl der Diebstähle um 7,5 Prozent auf gut 1,9 Millionen Fälle. Dazu trug auch die stark gesunkene Zahl der Wohnungseinbrüche bei: 97.500 Fälle wurden registriert, 16,3 Prozent weniger als noch im Jahr davor. Die Polizei macht dafür vor allem härtere Strafen, Aufklärungskampagnen und das Programm zur Förderung von Sicherheitstechnik in Privatwohnungen verantwortlich. Auch die Zahl der Sexualdelikte wie Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung ging zurück, um 18,2 Prozent auf gut 9200 Fälle. Um 3,9 Prozent auf fast 2500 gestiegen ist die Zahl der Tötungsdelikte wie Mord und Totschlag. Einen sprunghaften Anstieg verzeichnet die Polizei bei allen Delikten, bei denen das Internet eine Rolle spielt. Ob bei der Verbreitung von Kinderpornografie oder dem Handel mit Waffen und Drogen – die Gewinne seien enorm und die Entdeckungsrisiken gering, so Seehofer. Er kündigt eine Initiative an, den Betrieb von krimineller Cyber-Infrastruktur unter Strafe zu stellen.

    Laut Kriminalstatistik sind 56,5 Prozent der Straftaten aufgeklärt worden, der höchste Wert, seit im Jahr 2005 die Statistik geändert wurde. Die Anzahl der erfassten Tatverdächtigen ist leicht auf rund zwei Millionen gesunken. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger lag stabil bei rund 30 Prozent. Seehofer warnt davor, diese Zahlen politisch zu instrumentalisieren.

    Trotz gesunkener Kriminalitätszahlen wächst die Angst

    Trotz der gesunkenen Kriminalitätszahlen wächst bei vielen Bürgern die Angst, Opfer einer Straftat zu werden. Das geht aus einer Studie hervor, die Holger Münch, Chef des Bundeskriminalamts, zusammen mit Seehofer vorstellt. Besonders Frauen, Bewohner mittelgroßer Städte, Ostdeutsche und Migranten fühlen sich unsicherer. 22 Prozent der Deutschen ängstigen sich nachts in ihrer eigenen Nachbarschaft, ein Anstieg um fünf Prozent. Und neun Prozent halten es für wahrscheinlich, Opfer eines Terroranschlags zu werden. Tatsächlich, so Münch, werden Bürger in Deutschland nur höchst selten Opfer von Straftaten. Münch verspricht weitere Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen tatsächlich erfassten Straftaten und dem Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.

    Auch Horst Seehofer sieht trotz „erfreulicher Zahlen“ weiteren Handlungsbedarf. Die personelle und sachliche Ausstattung der Polizei sei unzureichend. „Das werden wir ändern“, verspricht Seehofer.

    Lesen Sie auch den Kommentar: Wie sicher ist Deutschland? Die Kriminalstatistik liefert keine Antwort

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