Maria L. hat keine Chance. Die Medizinstudentin aus Freiburg radelt nachts von einer Party nach Hause, als ein junger Mann ihr auflauert, sie vergewaltigt und dann im knietiefen Wasser der Dreisam ablegt. Am nächsten Morgen findet ein Jogger die Leiche der 19-Jährigen. Der Flüchtling aus Afghanistan, den die Polizei später verhaftet, hat die Tat inzwischen gestanden. Es ist nicht seine erste: Wegen versuchten Mordes an einer jungen Frau wurde Hussein K. 2013 in Griechenland schon einmal verurteilt, zu zehn Jahren Gefängnis. Keine zwei Jahre später kommt er jedoch gegen Auflagen frei und macht sich auf den Weg nach Deutschland.
Es sind Fälle wie der von Maria L., die vielen Menschen Angst machen. Fälle wie der einer Joggerin aus Riedering bei Rosenheim, die am vergangenen Wochenende überfallen und vergewaltigt wird – offenbar von einem abgelehnten Asylbewerber aus Nigeria. Fälle wie der aus Leipzig, wo die Polizei nach einem ähnlich brutalen Verbrechen noch nach einem Täter „südländischen Typs“ fahndet und Läufern rät, künftig doch lieber zu zweit auf die Strecke zu gehen und immer wieder einmal einen Blick zurückzuwerfen – um sicherzustellen, dass man nicht angegriffen wird. Oder Fälle wie der von Anis Amri, der den Behörden als fanatischer Islamist bekannt ist, der eigentlich längst in Abschiebehaft sitzen sollte und trotzdem mit einem gestohlenen Sattelschlepper in einen Berliner Weihnachtsmarkt rasen kann. Zwölf Menschen sterben, mehr als 60 werden teils schwer verletzt.
Sieben von zehn Deutschen fürchten sich vor Anschlägen
Sich sicher zu fühlen im eigenen Land: Das ist in der Bundesrepublik offenbar keine Selbstverständlichkeit mehr. Sieben von zehn Deutschen fürchten sich nach einer Umfrage der Volks- und Raiffeisenbanken vor einem Terroranschlag – einer der höchsten je gemessenen Werte. 61 Prozent erwarten zunehmende Spannungen durch den anhaltenden Zuzug von Ausländern, 57 Prozent glauben, dass die Flüchtlingskrise Bürger und Behörden überfordert. Und die, die das Vertrauen in ihren Staat und seine Sicherheitskräfte schon ganz verloren haben, helfen sich selbst: Ende Mai besaßen 524000 Deutsche einen kleinen Waffenschein, der zum Führen von Schreckschuss- oder Reizgaswaffen berechtigt. Zum Vergleich: Im Januar 2016 waren es erst 300.000.
Auch in Freiburg ist nach dem Mord an Maria L. das Pfefferspray im Nu ausverkauft. Nach Kinovorstellungen und Diskothekenbesuchen bilden sich dort spontan Fahrgemeinschaften, vor allem junge Frauen wollen nachts nicht mehr alleine nach Hause gehen. In Nordrhein-Westfalen tragen die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht, als eine Horde junger Männer mit dem berühmten Migrationshintergrund hunderte von Frauen sexuell belästigt, mit zum Scheitern der rot-grünen Landesregierung bei. Und in ganz Deutschland schützen Städte und Gemeinden ihre Volksfeste inzwischen aus Angst vor einem neuen Berlin, Nizza oder Barcelona mit Pollern und Zäunen. Selbst eine verschlafene Kleinstadt wie Donauwörth wird im Juli durch eine Anschlagsdrohung aufgeschreckt.
Terrorabwehrzentrum konnte Anis Amri nicht stoppen
Ist mit der Flüchtlingswelle auch eine Welle von Gewalt und Terror zu uns geschwappt? Eine neue, diffuse Bedrohung, die unseren hochgelobten Sicherheitsapparat seltsam hilflos aussehen lässt? Obwohl die Politik Gesetze verschärft, neue Stellen bei der Polizei schafft und die Verfahren beim Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beschleunigt hat, kann ein als Gefährder eingestufter Islamist wie Anis Amri eineinhalb Jahre lang durch alle Raster rutschen. Der Tunesier, der in Italien schon eine Haftstrafe wegen Brandstiftung und Körperverletzung abgesessen hat, reist mit 14 verschiedenen Identitäten durch Deutschland.
Immer wieder verlieren die Behörden seine Spur oder stellen wie das Berliner Landeskriminalamt seine Überwachung ein. Ja, schlimmer noch: Um ihr Versagen zu vertuschen, manipulieren Beamte dort offenbar sogar Akten. Ein Verfahren wegen der Fälschung von italienischen Papieren gegen Amri wird genauso eingestellt wie weitere Ermittlungen wegen Diebstahls, Falschbeurkundung und gefährlicher Körperverletzung. Insgesamt sechsmal beschäftigt sich das gemeinsame Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern mit Amri. Trotzdem stoppt ihn niemand.
Sechs Millionen Straftaten in Deutschland im Jahr
Auch bei Hussein K., dem Mörder der Freiburger Studentin, liegen die Behörden schon früh falsch. Als die Polizei ihn Ende 2015 aufgreift, hat er keine Papiere bei sich und behauptet, erst 16 Jahre alt zu sein. Das örtliche Jugendamt nimmt ihm das ab und quartiert ihn deshalb zunächst in einer Jugendhilfeeinrichtung und dann bei einer Pflegefamilie ein. Ist ein unbegleiteter Minderjähriger, wie es im Behördenjargon heißt, nicht ganz besonders auf unsere Fürsorge angewiesen? Inzwischen weiß man dank eines Gutachtens, dass der Afghane mindestens 22 Jahre alt sein muss. Dass er schon einmal ein schweres Verbrechen begangen hat, das in Griechenland, fällt während seines Asylverfahrens niemandem auf – aber lässt sich mit seinem Beispiel auch die These erhärten, nach der Flüchtlinge krimineller sind als Einheimische?
Ein Blick in die Kriminalstatistik zeigt: Die Zahl der Straftaten insgesamt bleibt mit etwas mehr als sechs Millionen im Jahr vergleichsweise konstant, die Zahl der Gewaltdelikte wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung dagegen steigt spürbar an – mit Raten von zwölf Prozent und mehr. „Wir haben dabei eine deutliche Zunahme bei den Straftaten von Zuwanderern“, sagt der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Im vergangenen Jahr wurde auch im vergleichsweise sicheren Freistaat gegen insgesamt 26.332 tatverdächtige Zuwanderer ermittelt, das ist ein Anstieg von fast 58 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der durch Zuwanderer begangenen Gewaltdelikte stieg sogar um 93 Prozent auf 3495 Fälle.
In anderen Bundesländern nehmen die Zahlen sogar noch deutlicher zu, in Thüringen etwa haben sich die von Zuwanderern begangenen Gewaltdelikte verdreifacht. Eine Umfrage der Wochenzeitung Die Zeit bei den einzelnen Landesregierungen ergab im Frühjahr: Obwohl die Flüchtlinge je nach Bundesland nur zwischen 0,5 und 2,5 Prozent der Wohnbevölkerung ausmachen, stellen sie bis zu zehn Prozent der tatverdächtigen Straftäter, meist junge Männer unter 30. Männer wie Anis Amri oder Hussein K.
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