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Kreis Günzburg: Wo das AKW Gundremmingen steht, dürfte kein Windrad hin

Kreis Günzburg

Wo das AKW Gundremmingen steht, dürfte kein Windrad hin

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    Am Standort des Atomkraftwerkes Gundremmingen dürfte kein Windrad gebaut werden – der Abstand zu den nächsten Wohnhäusern wäre zu klein.
    Am Standort des Atomkraftwerkes Gundremmingen dürfte kein Windrad gebaut werden – der Abstand zu den nächsten Wohnhäusern wäre zu klein. Foto: Ulrich Wagner (Archiv)

    Die Frage, wie nahe an Wohnhäusern Windräder gebaut werden dürfen, sorgt mal wieder für Diskussionen. In Bayern ist das seit 2014 mit der "10H-Regelung" festgelegt. Der Abstand muss die zehnfache Höhe des Windrades betragen – bei einer modernen 200-Meter-Anlage sind das zwei Kilometer. Ein Entwurf von Wirtschaftsminister Peter Altmaier sieht nun eine Abstandsregelung auf Bundesebene vor. Demnach soll beim Bau von Windrädern ein Mindestabstand von 1000 Metern gelten.

    1000 Meter oder die zehnfache Höhe – das sind konkrete Vorgaben. Anders sieht es aus, wenn man Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerke betrachtet: Es gibt keine vergleichbaren Abstandsgesetze.

    Das kritisiert der Verein Forum, der gegen das Atomkraftwerk in Gundremmingen (Landkreis Günzburg) kämpft. Das AKW stünde nur 1500 Meter von den ersten Wohnhäusern entfernt, heißt es in einer Mitteilung des Vereins.

    Für Kraftwerke gibt es keine vergleichbare Regelung

    Tatsächlich seien es sogar etwas weniger als 1000 Meter, sagt Gundremmingens Bürgermeister Tobias Bühler am Telefon. Wo das Kraftwerk steht, dürfte also nach aktuellem Recht kein Windrad gebaut werden. Er betont aber: "Das lässt sich nicht vergleichen." Die Auswirkungen auf die Anwohner seien unterschiedliche. Und auch das AKW muss Grenzwerte einhalten. Welche das sind, erklärt Christina Kreibich, Sprecherin des Kraftwerkes: Zwar gebe es keinen Mindestabstand, aber das Strahlenschutzgesetz. So darf – und zwar direkt außerhalb des Zaunes – die Strahlung ein Millisievert pro Jahr nicht überschreiten. Das AKW Gundremmingen sei deutlich unter dem Grenzwert, sagt Kreibich. Anwohner bekämen deutlich weniger Strahlung ab als beispielsweise ein Pilot, "selbst wenn Sie ein Jahr vor dem Atomkraftwerk zelten".

    Bürgermeister Bühler hat sich ausgiebig mit Abstandsregelungen für Kraftwerke beschäftigt. Nicht wegen des Atomkraftwerks, sondern wegen der Pläne für ein Reserve-Gaskraftwerk. Die Kommune ist ein möglicher Standort, deshalb laufen die Bauleitplanungen. Auch wenn kein konkreter Mindestabstand festgelegt ist: Das Immissionsschutzgesetz kennt allerlei Grenzwerte, die nicht überschritten werden dürfen. "Wegen des Schalls gab es extrem viele Besprechungen", sagt Bühler. Bezüglich der Lautstärken gibt das Bundesumweltministeriums Richtwerte vor. Die liegen in reinen Wohngebieten zum Beispiel bei 50 Dezibel am Tag und bei 35 Dezibel in der Nacht. Letztendlich legt jede Kommune auf dieser Grundlage fest, an welchem Gebäude es wie laut sein darf.

    In Gundremmingen müsste das Gaskraftwerk 1200 Meter von Wohnhäusern entfernt gebaut werden

    Daraus ergibt sich dann doch eine Art Mindestabstand: Der Ort, an dem das neue Gaskraftwerk gebaut werden könnte, liegt laut Bühler etwa 1200 Meter von den nächsten Wohnhäusern entfernt. Das sei das Ergebnis nach aufwendigen Gutachten und vielen Messungen. Es können sich auch Vorgaben für den Bau ergeben. So kann etwa eine Lärmschutzwand nötig sein, die den Schall eines besonders lauten Bereichs dämmt. "Bei Anlagen am Boden geht das ganz gut", sagt Bühler. Das sei ein Unterschied zu Windrädern – um die lässt sich keine Lärmschutzwand bauen.

    Weitere windradspezifische Probleme zeigt der Bayerische Windenergieerlass. Darin heißt es etwa, dass durch Windräder Eiswurf droht. Dieser kann bei bestimmten Wetterbedingungen vorkommen, wenn sich Eis an den Rotorblättern bildet und zu Boden fällt. Allerdings heißt es im Erlass, dass zumindest in nicht besonders eisgefährdeten Regionen ein Abstand der eineinhalbfachen Windradhöhe die Gefahr ausreichend dämme. Störend kann auch der Schatten sein. Weil sich die Rotoren bewegen, wird der Schlagschatten, wenn er etwa auf das Wohnzimmerfenster fällt, zum Problem. Im Windenergieerlass ist geregelt: "Weniger als 30 Stunden pro Kalenderjahr und 30 Minuten pro Tag sind nicht erheblich."

    Mit der Abstandsregelung bleiben kaum noch Flächen für Windräder

    Bürgermeister Bühler kennt die Probleme und hat Verständnis für Menschen, die nicht zu nahe an einem Windrad wohnen wollen, "weil das teilweise eine Zumutung ist". Er sagt: "Deshalb spreche ich mich für die 1000-Meter-Regelung aus. Die 10h-Regelung ist wohl sogar noch besser."

    Nun bleibt ein Problem auf der anderen Seite: Mit der 1000-Meter-Abstandsregeln gäbe es kaum noch Flächen, auf denen Windräder gebaut werden dürften – in Bayern wurden kaum noch Windräder gebaut seitdem die 10h-Regel gilt. Die Umweltminister der Länder haben sich auf ihrer Herbsttagung deshalb gegen die Regelung ausgesprochen. "Die Windkraft an die Wand zu fahren – das kann nicht der Weg sein, wenn wir Klimaschutz ernst nehmen", sagte der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller. Der Gesetzentwurf hatte auch bei Umwelt- und Energieverbänden einen Sturm des Protests ausgelöst.

    Ganz anders begründet die Bundesregierung ihren Entwurf: Nicht Mindestabstände, sondern fehlende Akzeptanz würden die Energiewende gefährden. Und die Regelung solle die Akzeptanz bei Anwohnern vergrößern. (mit dpa)

    Lesen Sie dazu: Grünen-Fraktionschef: Das ist ein "Ausstieg aus der Energiewende"

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