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Kontaktverfolgung: Menschenschutz vor Datenschutz: Kommt ein Neustart der Corona-Warn-App?

Kontaktverfolgung

Menschenschutz vor Datenschutz: Kommt ein Neustart der Corona-Warn-App?

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    "Man kann aus der Corona-Warn-App technisch viel mehr herausholen als wir das derzeit tun", sagt der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger.
    "Man kann aus der Corona-Warn-App technisch viel mehr herausholen als wir das derzeit tun", sagt der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger. Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

    Sie war mit großen Hoffnungen verbunden, die Corona-Warn-App der Bundesregierung sollte eine entscheidende Waffe im Kampf gegen die Pandemie werden. Doch seit dem Start im Juni letzten Jahres ist das Programm zur Kontaktnachverfolgung eher zum stumpfen Schwert geworden, weil es nur von relativ wenig Menschen eingesetzt wird.

    Der Wirtschaftsrat der CDU hat deshalb ein Positionspapier vorgelegt, um der Warn-App zu einem Neustart zu verhelfen. Zwar sinkt die Zahl der Neuinfektionen gerade, der Wirtschaftsrat verweist jedoch sorgenvoll auf die aktuellen Virus-Mutationen, durch die eine Kontaktnachverfolgung wieder in den Fokus rücke.

    Corona-Warn-App: Menschenschutz vor Datenschutz

    "Man kann aus der Corona-Warn-App technisch viel mehr herausholen als wir das derzeit tun, aber dafür braucht es den politischen Willen", sagte der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, unserer Redaktion. Vor allem die konsequente Nachverfolgung von Infektionsketten helfe dabei, die  Corona-Pandemie einzudämmen, erklärte Steiger.

    In einem Positionspapier argumentiert der einflussreiche Berufsverband, dass Länder wie Taiwan, Südkorea oder Japan bei der Eindämmung der Corona-Pandemie wesentlich erfolgreicher seien als andere. Grundlage dafür sei "eine effektive Kontaktnachverfolgung, wesentlich ermöglicht durch die dortigen Corona-Apps".

    Der Wirtschaftsrat verbindet seine Vorschläge allerdings mit einer Forderung, die in Deutschland für Diskussionen sorgen wird. "Menschenschutz muss vor Datenschutz  stehen", sagte Steiger. Im Positionspapier heißt es dazu, der Schutz der individuellen Privatsphäre bleibe auch in Krisenzeiten ein hohes Gut. Angesichts der aktuellen Situation wiege "der allgemeine Schutz des Lebens und der Gesundheit jedoch schwerer. Die Verhältnismäßigkeit ist längst nicht mehr gewahrt".

    "Nur sechs von zehn Nutzern geben ihr positives Testergebnis in die Corona-Warn-App ein"

    Die Corona-Warn-App wurde nach Zahlen des zuständigen Robert Koch Instituts bislang 25,3 Millionen Mal heruntergeladen (Stand 28. Januar). Seit dem Start der App wurden demnach zwar mehr als 7,9 Millionen positive wie negative Testergebnisse von Laboren an die Nutzerinnen und Nutzer übermittelt.

    Doch die behielten dieses Wissen meist für sich und konterkarierten damit den eigentlichen Zweck der Software. Von 376.755 "potenziell teilbaren positiven Testergebnissen" wurden zwischen 1. September und 27. Januar nur 59 Prozent tatsächlich weitergeben. Davor spielte die App ohnehin keine große Rolle. Und selbst diese Zahlen relativieren sich noch vor dem Hintergrund, dass es laut RKI es in Deutschland bislang schon mehr als 2,2 Millionen Corona-Infektionen gab.

    "Nur sechs von zehn Nutzern geben ihr positives Testergebnis in die Corona-Warn-App ein, warnen also ihre Kontakte", kommentierte Steiger die Faktenlage und ergänzte: "Das erschwert die Verfolgung von Infektionsketten massiv." Die Politik müsse deshalb "eine automatische Übermittlung der Testergebnisse über eine schnelle App-Anbindung der Labore möglich machen – endlich auch inklusive der Krankenhauslabore."

    Um Standortdaten der Corona-Warn-App hatte es in der Vergangenheit schon Streit gegeben

    Damit nicht genug. Der CDU-Wirtschaftsrat fordert die Regierung dazu auf, die Warn-App mit neuen Funktionen zu erweitern. "Durch die dezentrale Verarbeitung der Daten könnte der Nutzerstandort erfasst werden, ohne das Datenschutzniveau zu gefährden", heißt es im Positionspapier. Auf diese Weise "wäre für Nutzer und Gesundheitsbehörden nachvollziehbar, wo es zu Risikobegegnungen gekommen ist und sich mögliche Infektionsorte befinden". Diese könnten künftig gemieden oder das Infektionsrisiko durch strengere Auflagen reduziert werden.

    Um die Standortdaten hatte es in der Vergangenheit schon einigen Streit gegeben. Unter anderem musste bei einigen Android-Versionen der Zugriff auf diese Daten aktiviert werden, was wiederum der Datensammelwut von Konzernen wie Google in die Hände spielte.

    "Die  Bundesregierung sollte außerdem über die Notfall-Informations- und Nachrichten-App Nina der Bevölkerung Hinweise über Corona und auf  Infektionsorte in ihrem Umfeld geben, damit sie diese Orte gezielt meiden kann", regte Steiger an. Nina gibt es in mehreren Sprachen und soll die Bevölkerung zum Beispiel vor schlechtem Wetter, Hochwasser oder der Ausbreitung von gefährlichen Stoffen bei Großbränden warnen. Auch Nina beinhaltet eine Standort-Funktion. Die App war in den bundesweiten Probealarm im September letzten Jahres eingebunden, lief dabei aber nicht problemlos.

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