Die schwarz-rote Koalition ringt seit Dienstagnachmittag verbissen um den Inhalt des großen Corona-Konjunkturpakets. Nur eine erste Entscheidung fiel im Kanzleramt schnell und einstimmig: Bis 23 Uhr wird beraten, dann unterbrochen. Am Mittwoch ab 10 Uhr geht es in die zweite Runde.
Rund 60 Punkte stehen auf der Tagesordnung der Zusammenkunft der Partei- und Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Mit von der Partie ist Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Die Ausgangslage ist schwierig. Immer wieder wird in Regierungskreisen der Vergleich mit „echten“ Koalitionsverhandlungen vor einer Regierungsbildung bemüht: Alles hängt mit allem zusammen. Jede Forderung der einen Seite stößt auf eine Gegenforderung, jedes Entgegenkommen hat seinen Preis. Und entschieden werden soll erst am Schluss übers Gesamtpaket.
SPD stellt sich gegen Kaufprämie für Verbrennungsmotoren
Was die Gespräche so kompliziert macht, ist der Umstand, dass noch nicht einmal innerhalb der Parteien Einigkeit in den einzelnen Streitpunkten besteht. Etwa bei der Forderung, die Autoindustrie mit einer Kaufprämie zu unterstützen. Heftig umstritten ist die Frage, ob ein solcher Zuschuss nicht nur für Elektroautos, sondern auch für klimaschädliche Benzin- und Dieselmotoren gezahlt werden soll. Als SPD-Chefin Saskia Esken im Kanzleramt eintrifft, bekräftigt sie, eine Autoprämie für Verbrenner werde es mit der SPD nicht geben. Ihr Parteifreund Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident des Autolandes Niedersachsen, dagegen fordert Kaufanreize auch für emissionsarme Benziner und Diesel. Das sehen auch Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne) so, die Regierungschefs der beiden anderen großen Autoländer Bayern und Baden-Württemberg. Wie um ein Ausrufezeichen zu setzen, fährt Söder in einem schweren BMW mit Verbrennungsmotor an protestierenden Umweltschützern vorbei ins Kanzleramt. Vorbehalte gegen Prämien für alle Neuwagen gibt es aber auch innerhalb der Union. Der Gesprächsbedarf ist also enorm.
Streit gibt es auch darüber, wie ein Rettungsschirm für die corona-geplagten Kommunen aussehen soll. Scholz will, dass der Bund deren Altschulden übernimmt. Die Union lehnt das ab: Damit werde schlechtes Wirtschaften belohnt. Die Kommunen sollen stattdessen dadurch entlastet werden, dass der Bund auf Anteile aus der Gewerbesteuer verzichtet und einen höheren Anteil an Wohnkosten von Arbeitslosen übernimmt
SPD fordert Entlastungen für Alleinerziehende
Aus der CDU war vor den Verhandlungen zu hören, sie werde sich besonders für steuerliche Vergünstigungen und bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, eine bessere Ausstattung von Krankenhäusern und Kitas sowie eine Senkung der Strompreise einsetzen. Lang ist aber auch die Liste der Forderungen der SPD. Um Familien zu unterstützen, will Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) eine einmalige Prämie von 300 Euro pro Kind zahlen. Das findet auch CSU-Chef Söder gut – im Gegensatz zu seinem Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Er will den Steuerfreibetrag für Alleinerziehende auf 4000 Euro verdoppeln. Armin Laschet (CDU), der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, hat für sein Land sogar einen Kinderbonus von 600 Euro vorgeschlagen.
Auch wenn das Konjunkturpaket bis zu 80 Milliarden Euro enthalten soll – alle Wünsche werden sich kaum erfüllen lassen. Von der Tagesordnung fallen könnte etwa die SPD-Forderung, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der Zahler vorzuziehen. Die Union würde den Soli am liebsten gleich für alle Zahler abschaffen, wogegen sich die SPD sperrt.
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