Wenn Armin Laschet dachte, er könne sich im Wahlkampf darauf verlassen, dass die anderen schon mehr Fehler machen würden als er selbst und für ihn damit der Weg ins Kanzleramt bequem geebnet sei, sieht er sich spätestens seit Ende vergangener Woche eines Besseren belehrt. Seit Tagen schon stolpert der Kanzlerkandidat der Union über seine eigene Krisenkommunikation. Sind Krisen, wie sie dieses Land derzeit erlebt, normalerweise die Stunde der Mächtigen, weil sie zupacken können und trösten und Mut machen, steht Laschet - pardon - inzwischen das Wasser bis zum Hals. Er reagiert gereizt auf Interviewfragen, er blamiert sich, weil er im Hintergrund feixt, während der Bundespräsident versucht, die richtigen Worte zu finden. Ärgerlich ist das. Doch nicht mehr als ein Nebenschauplatz.
An ihrem Handeln sollten wir die Politikerinnen und Politiker messen
Ausgerechnet in einem der wichtigsten Wahlkämpfe, die Deutschland seit vielen Jahren erlebt hat, verlieren sich die politischen Gegner, aber auch Medien und Gesellschaft in Nebensächlichkeiten. Nicht an zufällig von Kameras eingefangenen Momentaufnahmen sollten wir die Kanzlerkandidaten – egal ob von Union, Grünen oder SPD – messen, sondern an ihrem Handeln und ihren Ideen für die Zukunft. Genau an denen mangelt es derzeit. Von Aufbruch ist kaum etwas zu spüren, dabei hätten wir ihn dringend nötig. Die Union mogelt sich mit einem Wahlprogramm durch den Sommer, das noch nicht einmal den Namen verdient, weil es vor leeren Phrasen nur so wimmelt. Die Grünen können nicht schlüssig erklären, wie sie das Jahrhundertthema Klima mit der sozialen Frage verknüpfen wollen, die aber zu einer ganz entscheidenden werden wird. Und die SPD? Die schafft es kaum, im allgemeinen Getöse auf sich aufmerksam zu machen und zumindest die eigene Wählerschaft mit ihren Themen zu mobilisieren.
Wir brauchen einen Aufbruch
Ja, es ist ein schmaler Grat, auf dem sich die Wahlkämpfer derzeit bewegen. Jede Äußerung wird seziert, jede Regung analysiert. Wer sich die Gummistiefel überstreift, sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, das nur für die Fotografen zu tun. Wer nicht vor Ort erscheint, gilt als herzloser Drückeberger. Doch wer dachte, es würde einfach werden, hätte sich nicht zur Kandidatur entscheiden sollen. Es wird Zeit, dass sich die Kandidaten und die Kandidatin ihrer Verantwortung bewusst werden.