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Kommentar: Wir müssen lernen, souveräner mit der AfD umzugehen

Kommentar

Wir müssen lernen, souveräner mit der AfD umzugehen

Michael Stifter
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    Alice Weidel und Alexander Gauland, die Fraktionsvorsitzenden der AfD im Bundestag.
    Alice Weidel und Alexander Gauland, die Fraktionsvorsitzenden der AfD im Bundestag. Foto: Ralf Hirschberger, dpa

    Darf ein Hotel AfD-Politiker abweisen? Die Posse vor dem Augsburger Parteitag ist ein perfektes Beispiel für den verkrampften Umgang mit den Rechtspopulisten. Wenn es um die AfD geht, brennen schnell mal die Sicherungen durch. Selbst die Entscheidung eines Hoteliers, wem er ein Zimmer geben will und wem eben nicht, wird da zum Politikum. Seit die Partei die politische Bühne gestürmt hat, überlegt die Konkurrenz, wie man sie da wieder weg bekommt. Nur: Sämtliche Versuche sind krachend gescheitert.

    Die AfD war drauf und dran, sich selbst zu zerstören

    Am Anfang steht das Ignorieren. Die werden sich irgendwann schon selbst zerlegen, lautet das Motto. Und mehrere Male ist die AfD ja tatsächlich drauf und dran, den Selbstzerstörungsknopf zu drücken. In dieser Partei haben sich so viele wütende Menschen versammelt, dass selbst die eigenen Spitzenleute jederzeit in Ungnade fallen können. Innerhalb von wenigen Jahren jagt die tobende Basis gleich zwei Vorsitzende davon. Das Erstaunliche daran: Obwohl die Wähler keine zerstrittenen Parteien mögen, schadet der Dauerzwist der AfD kaum.

    Seehofer hat die AfD kopiert - ohne Erfolg

    Im zweiten Anlauf versucht vor allem die CSU (und ein bisschen auch die FDP), den Populisten die Themen wegzunehmen. Oder besser gesagt: das Thema. Vor der Bundestagswahl nimmt Horst Seehofer die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, an der seine CSU dummerweise selbst beteiligt ist, unter Dauerfeuer. Er will so die enttäuschten Konservativen zurückgewinnen. Es bleibt beim Wollen. Weil Wort und Tat nicht zusammenpassen, endet sein riskantes Manöver im Desaster. Statt der Kopie wählen viele lieber das Original. Die AfD wird Oppositionsführer im Bundestag, und Seehofer ist sein Lieblingsamt als bayerischer Ministerpräsident los.

    Inzwischen hat die CSU ihren Kurs geändert. Im Landtagswahlkampf setzt Markus Söder auf eine Doppelstrategie aus Nachahmen und Draufhauen. Einen schärferen Ton in der Flüchtlingspolitik kombiniert er mit harten Attacken auf die Rivalen von rechts. Die aktuelle Umfrage unserer Redaktion zeigt, dass auch Söder die Zauberformel nicht gefunden hat. Der Traum von der absoluten Mehrheit scheint in weiter Ferne, während die AfD in Bayern zulegt. Schwacher Trost für die CSU: Die anderen etablierten Parteien verzweifeln genauso an den „Schmuddelkindern“ vom rechten Rand, mit denen keiner spielen will.

    Auch wir Journalisten tun uns schwer

    Auch wir Journalisten tun uns noch immer schwer im Umgang mit der AfD. Natürlich muss man sich nicht über jeden rhetorischen Vogelschiss empören und es den Provokateuren damit leicht machen, sich als Opfer von „Mainstream-Medien“ und „Altparteien“ zu inszenieren. Aber man darf eben auch nicht jede Grenzüberschreitung hinnehmen. Man darf nicht zusehen, wie sich die Grenzen dessen, was ja wohl noch gesagt werden darf, immer weiter verschieben. Wie der Ton in der öffentlichen Debatte immer aggressiver – und destruktiver – wird.

    Söder sollte akzeptieren, dass er gescheitert ist

    Die AfD ist die drittstärkste Kraft im Bundestag. Sie wird sich nicht von selbst erledigen. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland anfängt, souveräner und gelassener mit ihr umzugehen. Wenn sich die CSU die absolute Mehrheit in Bayern doch noch sichern will, wird sie einsehen müssen, dass alle Strategien gegen die Populisten gescheitert sind. Es ist Zeit für einen neuen Blickwinkel, Herr Söder!

    Wer seine Energie damit verschwendet, anderen das Wasser abzugraben und sie damit zu schwächen, macht sich selber klein. Es ist Zeit, Politik für und nicht gegen etwas zu machen. Es ist Zeit, Ideen von der Zukunft dieses Landes zu entwickeln, anstatt die Vergangenheit zurückholen zu wollen.

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