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Kommentar: Wir brauchen endlich einen Plan für den Corona-Endspurt

Kommentar

Wir brauchen endlich einen Plan für den Corona-Endspurt

Michael Stifter
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    Die Corona-Fallzahlen in Deutschland sind zuletzt schnell gestiegen.
    Die Corona-Fallzahlen in Deutschland sind zuletzt schnell gestiegen. Foto: Matthias Balk/dpa

    Selten war so viel Einigkeit in der Corona-Politik. Einen weiteren Lockdown soll, kann und darf es nicht geben. Doch anstatt nur zu sagen, was nicht mehr passieren wird, müssen die Verantwortlichen endlich Konzepte vorlegen, wie sie die Pandemie im Winter im Griff behalten wollen.

    Was bringt eine Klinik-Ampel, solange keiner definiert, was passiert, wenn sie auf Rot schaltet? Warum schafft man kostenlose Tests ausgerechnet in einer Phase ab, in der die Infektionszahlen stark ansteigen? Was ist das Versprechen wert, dass Schulen und Kindergärten offen bleiben, wenn sich dort reihenweise Kinder anstecken und Tests zumindest in den Kitas nicht verpflichtend sind? Es wird eben nicht irgendwie gut gehen, wie so viele es schon so oft gehofft hatten. Wir brauchen einen Plan.

    Politiker agieren in der Corona-Krise wie Marathonläufer, die auf der Zielgeraden langsam auslaufen

    In der Hoffnung, die Pandemie könnte im Frühjahr endlich überwunden sein, verhalten sich viele Regierende wie Marathonläufer, die es auf der Zielgeraden langsam auslaufen lassen. Doch das Rennen ist noch nicht gewonnen. Noch immer stehen Menschenleben auf dem Spiel, die mit guter Politik gerettet werden können. Folgende Dinge müssen die Managerinnen und Manager der Krise akzeptieren und Antworten darauf geben:

    1. Der Impfschutz lässt laut bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen ab etwa einem halben Jahr nach, bei älteren Menschen offenbar noch schneller als bei jüngeren. Deshalb müssen Auffrischungsimpfungen für die besonders gefährdeten Personen nun mit Wucht vorangetrieben werden, anstatt darauf zu hoffen, dass sich die Betroffenen schon selbst darum kümmern werden. Es ist gut, dass die Ständige Impfkommission darüber hinaus bald eine Ansage machen will, ob die Booster-Impfung auch für alle anderen sinnvoll ist.
       
    2. Die Hoffnung auf einen Impfendspurt vor dem Winter ist zerplatzt. Notorische Impfgegner wird man auch mit der besten Aufklärungskampagne nicht mehr erreichen. Der „erzieherische“ Gedanke, jemand ließe sich impfen, nur weil Tests nicht mehr kostenlos sind, war, vorsichtig ausgedrückt, sehr optimistisch.
      Stattdessen hat der Abbau der flächendeckenden Testangebote das Ansteckungsrisiko erhöht, weil sich Geimpfte, die das Virus ja auch weitertragen können, seltener testen lassen. Dieser Fehler muss korrigiert werden. Testen ist eines von vielen wichtigen Instrumenten, um die Sicherheit aller zu erhöhen.
       
    3. Es war absolut nachvollziehbar, die Situation an den Krankenhäusern zum wichtigsten Maßstab der Corona-Politik zu machen. Doch offenbar gibt es noch immer keine konkrete Idee, welche Konsequenzen es hat, wenn die Kliniken – wie bereits jetzt in Schwaben – in den roten Bereich rutschen. Eine Aufstockung der Intensivkapazitäten geht jedenfalls nicht von heute auf morgen – allein schon deshalb, weil es dafür viel zu wenig Personal gibt.
       
    4. Wer sich nicht impfen lässt, dem sind zusätzliche Einschränkungen zumutbar. Ein Lockdown für Ungeimpfte, wie er in Österreich als Drohkulisse aufgebaut wurde, ist aus guten Gründen hoch umstritten. Er hätte das Potenzial, das gesellschaftliche Klima auf den (hoffentlich) letzten Metern der Pandemie massiv zu vergiften. Aber die grundsätzliche Einführung von 3G-plus für die wichtigsten Bereiche des öffentlichen Lebens ist vertretbar: Das bedeutet, dass Personen, die weder geimpft, noch genesen sind, zum Schutz ihrer Mitmenschen anstatt eines Schnelltests einen negativen PCR-Test vorlegen müssen, wenn sie in die Kneipe, ins Theater oder zum Friseur gehen wollen. Diese Tests sind zuverlässig – und teuer. Aber es ist ja niemand gezwungen, sie zu nutzen. Die Impfung ist kostenlos.
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