Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Wieder eine Große Koalition? Bitte nicht!

Kommentar

Wieder eine Große Koalition? Bitte nicht!

    • |
    Die Große Koalition könnte auch nach der Bundestagswahl 2017 fortgeführt werden. Es gibt aber auch Alternativen.
    Die Große Koalition könnte auch nach der Bundestagswahl 2017 fortgeführt werden. Es gibt aber auch Alternativen. Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archiv)

    Das Sagen haben die Wähler und nicht die Demoskopen. Und weil Wahlen heutzutage meist auf den letzten Metern entschieden werden, ist noch immer eine Überraschung möglich. Nicht im Kampf um Platz eins, wohl aber auf den hinteren, für die Regierungsbildung wichtigen Rängen.

    Der in allen Umfragen gemessene Vorsprung der Union ist zu groß, als dass er im Endspurt noch wettgemacht werden könnte. Das Rennen um das Kanzleramt ist gelaufen. Martin Schulz hat, zumal ja eine rot-rot-grüne Mehrheit unerreichbar fern ist, keine Chance mehr. Die „ewige“ Kanzlerin Angela Merkel kann – mit einem Denkzettel für ihre Flüchtlingspolitik im Marschgepäck – weitermachen, weil sie in den Augen der meisten Deutschen eine verlässliche, sturmerprobte, unaufgeregt führende, kompetente Frau ist und die breite Mitte der Gesellschaft verkörpert. Dagegen wäre der tapfere Herausforderer in Zeiten wirtschaftlicher Prosperität vermutlich auch dann nicht angekommen, wenn er zündendere Themen gefunden und wenigstens einen Hauch von Wechselstimmung erzeugt hätte.

    War dieser Wahlkampf tatsächlich so langweilig und einschläfernd, wie es ständig heißt? Richtig daran ist, dass dem Wettstreit infolge der Dominanz Merkels das wesentliche Spannungselement fehlte. Diese Partie stand nie auf Messers Schneide und wurde letztlich in jenem großkoalitionären Geist geführt, der von Hause aus keine klaren Alternativen und keine wirkliche Polarisierung erzeugt. Langweilig jedoch war es nicht.

    Bundestagswahl: Kampf um Platz drei ist spannend

    Bis zur letzten Minute spannend sind der Kampf um Platz drei und die Frage, ob die große alte, schon wiederholt an Merkel gescheiterte Volkspartei SPD den Absturz ins Bodenlose verhindern kann.

    Spannend ist der Aufstieg der rechten AfD, die nun eine große Bühne für ihre nationalistischen, teils völkisch-dumpfen Parolen erhält. Die etablierten Parteien sollten daraus lernen, dass der von der Flüchtlingskrise profitierenden Protestpartei nicht mit Ausgrenzung und Dämonisierung, sondern nur mit harten Argumenten sowie dem Benennen und Lösen von Problemen beizukommen ist.

    Das Land braucht auch eine starke Opposition

    Spannend bleibt, mit wem Merkel künftig regiert. Da es in einem Sechs-Parteien-System wohl weder für Schwarz-Gelb noch für Schwarz-Grün reicht, bleiben nur zwei Optionen: die Fortführung der Großen Koalition oder „Jamaika“, ein für deutsche Verhältnisse exotisch und labil anmutendes Bündnis von CDU, CSU, FDP und Grünen. Der Wähler weiß also nicht genau, was er für seine Stimme bekommt.

    Die wendige Kanzlerin kriegt sicher das eine wie das andere hin. Die beliebte Erzählung, wonach die demokratischen Parteien überwiegend Einheitsbrei anbieten, ist allerdings falsch. In den großen Richtungsfragen – man denke nur an die Zuwanderungspolitik – gibt es beträchtliche Unterschiede.

    Die Demokratie lebt vom Mitmachen der Bürger und einer zivilisierten Streitkultur im Ringen um den richtigen Weg. Deshalb wäre es gut, wenn möglichst viele Bürger wählen gingen und die Große Koalition beendet würde. Nicht, weil Schwarz-Rot schlecht gearbeitet hätte. Das Land braucht eine stabile Regierung und eine starke Opposition, die Alternativen bietet und das Parlament zum Ort eines offenen Diskurses um die Gestaltung der Zukunft macht.

    Es war kein Ruhmesblatt in der Geschichte des Parlamentarismus, dass epochale Entscheidungen wie die Grenzöffnung oder die Euro-Rettungspolitik vom Bundestag mit erdrückenden Mehrheiten durchgewunken wurden und weite Bevölkerungskreise mit ihren Einwänden weder Stimme noch Gehör fanden. Auch dies hat im Übrigen maßgeblich zum Erfolg der AfD beigetragen.

    Wir möchten wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Umfrageinstitut Civey zusammen. Was es mit den Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden