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Kommentar: Wie will Europa der Flüchtlingskrise Herr werden?

Kommentar

Wie will Europa der Flüchtlingskrise Herr werden?

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    Viele Flüchtlinge, ein Polizist: Die von der Flüchtlingskrise betroffenen Länder haben sich neben anderen Maßnahmen auf bessere Grenzkontrollen geeinigt.
    Viele Flüchtlinge, ein Polizist: Die von der Flüchtlingskrise betroffenen Länder haben sich neben anderen Maßnahmen auf bessere Grenzkontrollen geeinigt. Foto: Armin Weigel (dpa)

    An Absichtserklärungen herrscht in der Europäischen Union kein Mangel. Mit entschlossenem und gemeinsamem Handeln jedoch ist es nicht weit her. Das vereinte Europa steht in der Flüchtlingskrise vor einer gewaltigen Bewährungsprobe – und bietet ein erbärmliches Bild der Zerrissenheit und Hilflosigkeit. Die EU ist sehenden Auges in diese Krise geschlittert. Nun, da Millionen Menschen in Europa ein besseres Leben suchen und die Außengrenzen der EU sperrangelweit offenstehen, hat Europa weder einen Plan zur Entschärfung des Problems noch ein funktionierendes Krisenmanagement.

    Wenn europäische Politik darin besteht, sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben und die Flüchtlinge nach Deutschland durchzuwinken, dann ist es um die Zukunft Europas miserabel bestellt. Zugegeben: Auf dem jüngsten „Mini-Gipfel“ ist ein kleiner Erfolg gelungen. Man will jetzt den Informationsaustausch verbessern, Aufnahmeplätze entlang der Balkanroute schaffen, den Slowenen mit Personal helfen, überall eine menschenwürdige Behandlung der Zuflucht suchenden Menschen sicherstellen und mehr Abschiebungen durchführen. Gut so. Aber vieles von dem, was nun angeblich mit Hochdruck angegangen wird, hätte längst geschehen können.

    Flüchtlingskrise: Keine Lösung in Sicht

    Was ist mit den elf „hot spots“ (Aufnahmezentren), die in Griechenland und Italien eingerichtet werden sollten? Was ist mit der viel beschworenen Sicherung der EU-Außengrenzen, über die seit Monaten geredet wird? Was ist aus der Zusage geworden, die Lage der Menschen in den Lagern rund um Syrien rasch zu verbessern? Und selbst wenn jetzt endlich wirklich etwas passiert und wenigstens die Registrierung der Flüchtlinge vor ihrer Weiterreise nach Deutschland besser gelingt, so trägt dies doch allenfalls zu mehr Ordnung und einer Bändigung der chaotischen Zustände bei. Ein Weg zur Lösung der Krise ist nicht einmal ansatzweise zu erkennen. Schon gar nicht für Deutschland, das die meisten Menschen aufnimmt und das Sehnsuchtsziel bleiben wird – auch nächstes Jahr, wenn sich nach Einschätzung von EU-Experten nahezu zwei Millionen auf den Weg Richtung Europa machen werden.

    Europa hat keine Antwort auf die entscheidende Frage, wie es den Zustrom eindämmen und die Masseneinwanderung so steuern will, dass die Integration der Neuankömmlinge ohne soziale und politische Verwerfungen gelingen kann. Das ist umso alarmierender, als ja mit einer raschen Linderung des Drucks auf die EU nicht zu rechnen ist. Ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien ist nicht in Sicht. Europas Hoffnung ist, dass die Türkei ihre Grenzen zu Griechenland dichter macht. Der Autokrat Erdogan soll für einen hohen Preis besorgen, wozu die EU nicht in der Lage ist. Ob diese Rechnung aufgeht? Sie grenzt jedenfalls an Heuchelei.

    Auch große Staaten wie Frankreich ducken sich weg

    Die ständig angekündigte faire Verteilung der Flüchtlinge auf ganz Europa scheitert sowohl an mangelnder Solidarität als auch am Fehlen einer gemeinsamen Einwanderungspolitik. Es stimmt schon: Die EU lässt die Deutschen im Stich. Nicht nur die Osteuropäer, sondern auch große Staaten wie Frankreich und Spanien ducken sich weg. Die Kanzlerin, deren Wort in der Eurokrise galt, beißt auf Granit. Aber die Berliner Politik der offenen Grenzen, die sich ja über geltendes EU-Recht hinwegsetzt, steht in eklatantem Widerspruch zu den Bedenken, die es in den meisten EU-Staaten hinsichtlich der Risiken einer unkontrollierten Masseneinwanderung gibt. Solange Deutschland kein Signal dafür setzt, dass es die Kontrolle über seine eigenen Grenzen wiederherstellen will, werden Merkels Hilfsappelle auf taube Ohren stoßen.

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