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Kommentar: Wenn Seehofer es will, kann er Parteichef bleiben

Kommentar

Wenn Seehofer es will, kann er Parteichef bleiben

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    Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer stellt seine Partei – und deren Anhänger – auf eine harte Geduldsprobe, kommentiert Walter Roller.
    Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer stellt seine Partei – und deren Anhänger – auf eine harte Geduldsprobe, kommentiert Walter Roller. Foto: Alexander Kaya

    Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer stellt seine Partei – und deren Anhänger – auf eine harte Geduldsprobe. Seit zwei Monaten, seit der Niederlage bei der Bundestagswahl, dauert das Hauen und Stechen um die Führung der Partei nun schon an.

    Ausgerechnet die CSU, deren große Stärke über Jahrzehnte hinweg die Geschlossenheit im Ernstfall war, bietet ein Jahr vor der Landtagswahl das Schauspiel eines mit brutaler Härte geführten, selbstmörderischen Machtkampfes. Umso erstaunlicher ist, dass der Vorsitzende Seehofer – obwohl es fünf vor zwölf ist und der gespaltenen Partei der Niedergang droht – offenbar auf Zeit spielt und mit seinen Plänen hinter dem Berg hält.

    Für Donnerstag hatte er, endlich, einen Vorschlag für die neue Mannschaftsaufstellung angekündigt. Doch am Ende eines langen, von "Kameradschafts"-Appellen geprägten Tages zauberte der Meister des politischen Strippenspiels nur einen Rat der CSU-Weisen aus dem Hut, der ihm nun – hört, hört! – zur Seite stehen soll beim Entwurf einer "befriedenden Zukunftslösung".

    Schmeißt Seehofer hin oder behält er beide Ämter?

    Niemand weiß, was Seehofer im Schilde führt. Will er ganz hinschmeißen, eines seiner Ämter abgeben oder gar beide behalten? Ist die Verhinderung seines Herausforderers Söder als Ministerpräsident weiter sein vorrangiges Ziel? Jedenfalls ist Seehofer, obwohl schwer angezählt, noch immer stark und cool genug, um den Fahrplan zu bestimmen und im Kampf um sein Erbe mitzureden.

    Die CSU will keinen Königsmord auf offener Bühne, nachdem ihr der Sturz Stoibers einst schlecht bekommen ist. Söder und seine Abgeordneten-Bataillone scheuen die offene Feldschlacht. Und hat Seehofer nicht eben erst, bei den Jamaika-Verhandlungen, bewiesen, dass ihm auf der nationalen Bühne niemand in der CSU das Wasser reichen kann und er vor allem die bundespolitische Relevanz der regionalen Partei gewährleistet? Die unsichere Lage in Berlin spielt dem Schwergewicht Seehofer zur Stunde in die Karten.

    Er hat, auch wenn die Kanzlerin die Hauptschuld am Debakel der Union trägt, die Wahl vergeigt. Eine Partei wie die CSU, deren Lebenselixier die absolute Mehrheit ist, verzeiht dies nicht. Sie steht 2018 in Bayern vor der nahezu unlösbaren Aufgabe, die alleinige Macht gegen sechs Parteien (SPD, Grüne, FDP, AfD, Freie Wähler, Linke) zu verteidigen. Das ist, wenn überhaupt, nur mit geschlossenem Auftreten und einem neuen Spitzenkandidaten zu schaffen, der Erneuerung und frischen Wind verkörpert. Die Ersatzbank der CSU ist mit Söder, Aigner, Weber, Herrmann, Dobrindt ordentlich bestückt.

    Der Herausforderer scheut die offene Feldschlacht

    Söder hat im Kampf um die Staatskanzlei die Nase klar vorn, obwohl er polarisiert, die ganze Bandbreite der Volkspartei nicht optimal abdeckt und in der Mitte womöglich mehr verliert, als er rechts gewinnen kann. Aufzuhalten ist der Franke aber nur noch um den Preis noch schwererer innerer Turbulenzen. Weil Söder aus guten Gründen die ganze Macht verwehrt bleibt, läuft es auf eine Ämterteilung hinaus. Und wenn Seehofer auch um eines Abschieds in Würde willen für eine Übergangszeit Parteichef bleiben und Bundesminister werden will, so will und kann ihn niemand daran hindern.

    Nach Lage der Dinge könnte ein Gespann Seehofer/Söder die CSU wohl am ehesten befrieden und den Absturz bei der Landtagswahl verhindern. Der Haken daran ist, dass die beiden seit Jahren verfeindet sind und viele "Sondierungs"-Gespräche benötigen, um ein gewisses Maß an gegenseitigem Vertrauen herzustellen. Teamgeist ist das Mindeste, was so ein Tandem im Wahljahr haben muss – sonst geht der Schuss für die CSU nach hinten los und der Streit weiter.

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