Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Weihnachten in Zeiten der Flüchtlingskrise

Kommentar

Weihnachten in Zeiten der Flüchtlingskrise

    • |
    Weihnachten steht in diesem Jahr im Zeichen der Flüchtlinge.
    Weihnachten steht in diesem Jahr im Zeichen der Flüchtlinge. Foto: Anne Wall

    Wie halten wir es mit den Flüchtlingen, die bei uns Schutz und ein besseres Leben suchen? Auch Weihnachten steht heuer ganz im Zeichen dieser Frage, die viele Menschen bewegt. Seit der Wiedervereinigung hat es kein Thema mehr gegeben, das die Gesellschaft so sehr beschäftigt.

    Weihnachten ist ein christliches Fest, das von der Geburt Jesu, der Nächstenliebe und der Herbergssuche handelt. Und es ist das große Familienfest der Deutschen. Also wird über die Feiertage in den Kirchen von der Christenpflicht zu helfen und von der Aktualität der Weihnachtsbotschaft die Rede sein. Und in den Familien wird darüber diskutiert werden, wie Deutschland diese historische Herausforderung meistern kann. Es ist ein heikles, ein emotionsbeladenes Thema, dem mit einfachen Antworten nicht beizukommen ist.

    Deutschland kann weder alle aufnehmen, die vor Armut, Verfolgung und Krieg fliehen, noch kann und darf es seine Tore verriegeln. Die Politik muss also eine Lösung finden, die sowohl unserer humanitären Pflicht als auch der naturgemäß begrenzten Aufnahme- und Integrationsfähigkeit des Landes gerecht wird. Mit dem Herzen und der Moral allein ist das nicht zu schaffen. Es bedarf auch, bei aller Leidenschaft für das Gute und Gutgemeinte, jener „praktischen Vernunft“, die Helmut Schmidt als Maßstab politischen Handelns bezeichnet hat.

    Hilfsbereitschaft unzähliger Deutscher hat vielfach mit gelebtem Christentum zu tun

    Nächstenliebe und Barmherzigkeit sind Grundpfeiler des Christentums – so wie die Achtung vor der Würde jedes einzelnen Menschen. Verfolgten Zuflucht zu gewähren, zählt zum Kernbestand des christlichen (und europäischen) Wertekanons. Angela Merkel hat, als sie die Grenzen öffnen ließ und die Flüchtlinge willkommen hieß, auch als christliche Politikerin gehandelt. Die enorme Hilfsbereitschaft unzähliger Deutscher hat vielfach mit gelebtem Christentum zu tun. Es ehrt die Kirchen und ihre Wortführer, dass sie die muslimischen Einwanderer mit offenen Armen empfangen und für ein weltoffenes Land werben. Und es ist verständlich, dass viele Christen aus ihrem Glauben heraus einer unbegrenzten Aufnahme von Flüchtlingen das Wort reden und jeden Gedanken an eine wirksame, mit Härten verbundene Steuerung des Zuzugs ablehnen.

    Aber diese gesinnungsethische, von christlichen Werten geprägte Haltung hilft nicht über den unauflöslichen Widerspruch zwischen dem edlen Wollen und dem beschränkten Können hinweg. Sie taugt schon gar nicht als konkrete Richtschnur für die Politik, die verantwortungsethisch handeln muss. Deutschland ist ein Einwanderungsland und wird, wenn die Integration der aus einem fremden Kulturkreis stammenden Neuankömmlinge gelingt, davon eines Tages profitieren. Verantwortliche Politik jedoch muss bei aller Hilfsbereitschaft dafür sorgen, dass dieser Prozess geordnet und ohne irreparable gesellschaftliche Verwerfungen passiert. Verantwortliche Politik hat das Machbare im Auge und bemüht sich um eine Begrenzung der Zuwanderung, ehe die Akzeptanz der Bevölkerung verloren geht und die politische Stabilität in Gefahr gerät.

    Dies erfordert auch Maßnahmen, die ein Mann wie der Kardinal Woelki von einem hohen moralischen Podest aus als „zutiefst unmenschlich“ geißelt. Helmut Schmidts praktische Vernunft, die eine Überforderung des Landes zu vermeiden trachtet und nach einem sinnvollen staatlichen Weg zwischen Samaritertum und kaltherziger Abschottung sucht, ist nicht weniger moralisch als die reine Gesinnung. Die christliche Weihnachtsbotschaft öffnet die Herzen, schärft das Gewissen und spornt zu menschlicher Solidarität an. Die Politik muss tun, was das Herz und der Verstand fordern.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden