Die Warnungen vor den Folgen eines überstürzten Abzugs der internationalen Truppen in Afghanistan scheinen Realität zu werden: Die Taliban nehmen nun auch strategisch wichtige Provinzstädte ein. Jetzt fiel die belagerte Stadt Kundus, der frühere Standort der Bundeswehr, an die islamistischen Rebellen. Der Eindruck drängt sich auf, dass die geschlagenen Regierungstruppen nicht daran glaubten, die Taliban stoppen zu können. Ein Umstand, der erwarten lässt, dass die Rebellen in absehbarer Zeit die Macht im Land übernehmen.
Genau dies scheint auch die Bundesregierung zu befürchten. Jetzt wurde bekannt, dass deutsche Diplomaten mit den Taliban in Katar über das Schicksal der einheimischen Helfer der Bundeswehr - Ortskräfte genannt - verhandelt haben. Das ist legitim, allerdings wäre es naiv und fahrlässig, den Islamisten zu vertrauen. Offenkundig sind die Taliban keineswegs homogen, sondern in eher moderate und islamistisch-fanatische Gruppen gespalten. Berlin muss jetzt umgehend für den Schutz der Ortskräfte und deren Familien vor der potenziell tödlichen Rache der Taliban sorgen. Es ist eine moralische Pflicht, die einstigen Mitarbeiter auf Wunsch in Deutschland aufzunehmen. Rechtzeitig.