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Kommentar: Warum uns die schrecklichen Bilder aus Nepal so nahegehen

Kommentar

Warum uns die schrecklichen Bilder aus Nepal so nahegehen

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    8,1 Millionen Einwohner Nepals sind vom Beben betroffen. Zwei Millionen von ihnen wurden obdachlos.
    8,1 Millionen Einwohner Nepals sind vom Beben betroffen. Zwei Millionen von ihnen wurden obdachlos. Foto: Diego Azubel, dpa

    Obwohl es die immer gleichen Bilder sind, die nach einer Naturkatastrophe um die Welt gehen, löst das Erdbeben in Nepal bei uns besondere Anteilnahme aus. Das liegt daran, dass viele Deutsche den kleinen Himalajastaat mit seinen faszinierenden Bergen und den prachtvollen Tempelbauten als mystisches Märchenland empfinden. Sie haben das Land schon bereist – oder träumen davon, es irgendwann einmal zu tun.

    Die Spendenbereitschaft in Deutschland ist riesig, fast 30 Millionen Euro sind schon zusammengekommen. Mittel, die dringend für den Wiederaufbau benötigt werden – auch wenn mit zu viel Geld auch viele Fehler gemacht werden können. Ähnlich groß war die Solidarität übrigens nur nach dem Tsunami 2004. Auch damals kannten viele die betroffenen Länder Thailand oder Sri Lanka als liebenswerte Urlaubsziele.

    Nepal eins der ärmsten Ländern der Welt

    Jetzt braucht Nepal Hilfe. Denn das Land war schon vor dem Erdbeben in einem schlechten Zustand. Der Gebirgsstaat ist nicht nur eins der ärmsten Länder der Welt – mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von knapp 700 Dollar liegt das Land weit hinter seinen Nachbarn Pakistan oder Bangladesch –, es ist auch eins der am schlechtesten regierten. Die Politik ist durch und durch korrupt und vor allem mit sich selbst beschäftigt. Das macht die Nepalesen seit Jahren wütend und hilflos.

    Das Beben hat den fragilen Staat innerhalb von Minuten ins Chaos gestürzt. Das wäre in jedem anderen Land ebenso gewesen – egal ob arm oder reich. Wenn aus heiterem Himmel sich Erdplatten verschieben und die Natur ungebändigt zuschlägt, wird der Mensch klein und machtlos. Dann bricht auch über ein hoch entwickeltes Land eine furchtbare Katastrophe herein, die jeden Staat erst einmal überfordert. Denken wir nur an den Hurrikan Katrina, der New Orleans zerstörte und die Supermacht USA an die Grenzen brachte.

    Staat hat nicht vorgesorgt

    Anlasten muss man dem nepalesischen Staat: Er hat nicht vorgesorgt. Denn Geologen und Seismologen hatten schon seit Jahren vor einem derartigen – oder noch schlimmeren – Beben gewarnt. So wie es die Experten auch für Istanbul, San Francisco oder Tokio tun. In diesen erdbebengefährdeten Regionen gibt es Schutzpläne, Evakuierungsrouten, Katastrophenübungen, kurz: ein nationales Katastrophenmanagement. Und es wird erdbebensicher gebaut. Doch das ist teuer. In einem Entwicklungsland wie Nepal hat das keine Priorität.

    Nach Angaben der Vereinten Nationen sind 8,1 Millionen der 28 Millionen Einwohner Nepals vom Beben betroffen. Zwei Millionen wurden obdachlos. Das Land braucht – wenn die Nothelfer abgezogen sind – langfristige Hilfe beim Wiederaufbau. Organisierte, strukturierte und bedarfsorientierte Hilfe. Die internationalen Geldgeber und die Hilfsorganisationen müssen die Nepalesen miteinbeziehen in den Wiederaufbau ihres Landes. Sie müssen ihnen Hilfe zur Selbsthilfe geben: sie anleiten, beraten, unterstützen. Vor allem aber müssen sie ihnen die Verantwortung für sich und ihren Staat selbst überlassen.

    Sonst werden die Fehler wiederholt, die nach dem Erdbeben 2010 in Haiti gemacht wurden. Auf der Karibikinsel haben viele Organisationen den

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