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Kommentar: Warum es mit Assad keine Hoffnung für Syrien gibt

Kommentar

Warum es mit Assad keine Hoffnung für Syrien gibt

Simon Kaminski
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    Die 46-jährige Safa Makdah ist mit ihren Kindern aus Syrien geflohen und verfolgt in einem libanesischen Flüchtlingslager zunehmend verzweifelt die Lage in ihrem Heimatland.
    Die 46-jährige Safa Makdah ist mit ihren Kindern aus Syrien geflohen und verfolgt in einem libanesischen Flüchtlingslager zunehmend verzweifelt die Lage in ihrem Heimatland. Foto: Marwan Naamani, dpa

    Kann es eine Zukunft für das Land geben, solange Präsident Baschar al-Assad an seinem Amt festhält? Diese Frage bestimmte die Debatten am Rande der fünften Syrien-Geberkonferenz von Europäischer Union und Vereinten Nationen. Diskutiert wird der Grundsatz der EU, dass Gelder für einen Wiederaufbau nur dann fließen, wenn in Syrien ein unumkehrbarer Wandel des politischen Systems eingeleitet wird.

    Bis dahin sammeln die Geberländer für eine Nothilfe, aus der Lieferungen von Lebensmitteln und Medizin sowie Investitionen in Bildung für Syrien und die Nachbarländer, die Millionen von Flüchtlingen aufgenommen haben, finanziert werden sollen. Deutschland steuert 1,7 Milliarden Euro bei. Doch die insgesamt 5,3 Milliarden Euro sind ein sehr enttäuschendes Ergebnis, das weit unter den erhofften rund zehn Milliarden Euro für Syrien liegt. Experten fürchten, dass die nun aufgerufene Summe nicht ausreichen wird, um die schlimmste Not zu lindern.

    Syrien: 60 Prozent der Menschen hungern

    Politiker der Linken fordern, dass sich der Westen zehn Jahre nach dem Beginn des Konflikts von dem Ziel des „Regime-Change“, sprich eines Machtwechsels in Syrien, verabschiedet. Der Präsident des Caritasverbandes, Peter Neher, setzt Zwischentöne. Er plädiert dafür, nun auch in den von Damaskus beherrschten Gebieten elementare Aufbauprojekte anzugehen. Sein Credo: Der Bevölkerung helfen, ohne das Regime zu unterstützen.

    Doch genau das ist mit Assad kaum möglich. Denn sein Staat stützt sich auf mafiöse, von Vetternwirtschaft geprägte Strukturen sowie auf die Erzeugung einer tiefen Angst in der Bevölkerung vor den Geheimdiensten – vor Verhaftungen, Folter, dem Verschwindenlassen und Morden. Der Umstand, dass 60 Prozent der Syrer hungern, rund 2,5 Millionen Kinder nicht zur Schule gehen, ist für Assad kaum relevant. Ihm geht es einzig und allein um den Machterhalt.

    Baschar al-Assad, Präsident von Syrien.
    Baschar al-Assad, Präsident von Syrien. Foto: Syrian Arab News Agency, dpa (Archivbild)

    Der Westen sollte alles daransetzen, die Taten des Regimes zu dokumentieren. Denn dessen Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht ungesühnt bleiben. Als Ort für eine juristische Aufarbeitung fällt der Internationale Strafgerichtshof aus, solange er von Russland und China blockiert wird. Das darf den Westen nicht davon abhalten, im Sinne der Opfer vor aller Welt offenzulegen, dass die Herrschaft Assads auf Terror und Kriegsverbrechen mit Fassbombenattacken und Giftgasangriffen basiert. Denkbar wäre ein intentionales Tribunal.

    Caritas-Chef Neher glaubt, dass Assad „fest im Sattel“ sitzt. Doch das ist relativ. Ohne die Intervention Russlands wäre er militärisch und politisch längst erledigt. Er ist ein Präsident von Moskaus Gnaden. Russland und auch der Iran – beide wirtschaftlich angeschlagen – fordern einen Ausgleich für ihren Milliarden verschlingenden Militäreinsatz. Geld für die leidende Bevölkerung ist zynischerweise kaum da. Längst haben sich die „Freunde“ die Filetstücke aus der zerschlagenen Wirtschaft des Landes unter den Nagel gerissen. Das Regime ist pleite. Das ist für Assad ein Problem, denn er muss Günstlinge und seine engsten Anhänger bei Laune halten. Gelingt das nicht, könnte es ihn mittelfristig doch aus dem Sattel heben.

    Syrien braucht einen Neustart

    Schneller würde es gehen, wenn der russische Präsident Wladimir Putin akzeptieren würde, dass Syrien einen Neustart braucht. Es wäre blauäugig, zu erwarten, dass sich in Damaskus aus dem Nichts ein demokratisches System etabliert. Viel gewonnen wäre schon, wenn eine stabile Übergangsregierung die verschiedenen Interessengruppen Syriens möglichst weitgehend abbildet, um den Zerfall des Staatsgebildes zu verhindern.

    Das wäre – gepaart mit einer Einleitung des Abzugs der fremden Mächte aus Syrien – das ersehnte Signal für die Hoffnung auf Frieden und Wiederaufbau. Nicht zuletzt für Millionen von Syrern, die noch immer auf eine Rückkehr in ihre Heimat hoffen. Eine Kooperation mit der Assad-Diktatur hingegen würde diese – zugegeben vage – Perspektive für viele Syrer zunichtemachen.

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