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Kommentar: Warum Christian Lindner der Union dankbar sein muss

Kommentar

Warum Christian Lindner der Union dankbar sein muss

Margit Hufnagel
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    Armin Laschet (rechts) und Christian Lindner haben in Nordrhein-Westfalen schon zusammen regiert. Doch ein Bündnis im Bund wird immer unwahrscheinlicher.
    Armin Laschet (rechts) und Christian Lindner haben in Nordrhein-Westfalen schon zusammen regiert. Doch ein Bündnis im Bund wird immer unwahrscheinlicher. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Als die Corona-Epidemie ihrem Höhepunkt entgegensteuerte und neue Regeln den Alltag bestimmten, nutzten britische Medien die Chance, ihren Lesern mit kindlichem Staunen von einer deutschen Eigenheit zu berichten: dem Lüften. Man unterscheide zwischen „Stoßlüften“ („impact ventilation“) und „Querlüften“ („cross ventilation“), lernten die Briten. Nach der Wahl sollten sie auch das Wort „Durchlüften“ in ihren Wortschatz integrieren. Denn nichts anderes ist in dieser Woche geschehen: Die Gewissheiten der alten, der Bonner Republik, sie sind endgültig vom Winde verweht. Das spüren vor allem CDU und CSU. Denn es rührt an ihr politisches Selbstverständnis.

    Nun ist es geradezu absurd, der Union generell die Regierungsfähigkeit abzusprechen, wie das der politische Gegner versucht. Über Jahre hatte sie es geschafft, so zu regieren, dass viele glaubten, sie sei die einzige Partei, die einen natürlichen Anspruch auf das Kanzleramt hat. Doch die politischen Stolpereien der vergangenen Wochen haben das Bild verrückt: chaotisch, der Wirklichkeit entrückt, von internen Eitelkeiten und Machtkämpfen massiv geschwächt. Die Autorität der Parteispitzen ist auf ein Minimum geschrumpft. Dabei hätten sie aus dieser Bundestagswahl zumindest diese eine Lehre ziehen können: Wenn die deutschen Wählerinnen und Wähler etwas hassen, dann ist es nach außen getragener Streit. Die Union aber kommt nicht einmal bei der Anzahl der Personen, die an den Sondierungsgesprächen teilnehmen sollen, ohne Misstöne aus.

    Die Ampel-Koalition kann eine Chance für das Land sein

    Zumindest der FDP dürften Laschet und Söder damit einen großen Gefallen tun: Christian Lindner hat endlich ein gutes Argument für seine Basis, warum er mit zwei linken Parteien koalieren muss. Statt einer Union an die Macht zu helfen, die vornehmlich mit ihrer tiefen Identitätskrise beschäftigt ist, kann er eine Partnerschaft mit der SPD und den Grünen als logische Antwort auf die wichtigsten Fragen unserer Zeit verkaufen. Tatsächlich muss es für Deutschland nicht das Schlechteste sein, wenn sich drei Partner zusammentun, die sich um das Soziale, die Wirtschaft und die Umwelt kümmern – und um Kompromisse ringen. Das Agieren von Baerbock/Habeck, Lindner und Scholz, ließ erkennen, dass durchaus der politische Wille da ist, den Weg in die Zukunft gemeinsam zu gehen. Solange sie sich nicht im Klein-Klein, wie dem Ringen um ein Tempolimit, verlieren, haben sie eine echte Chance.

    Sind selbstbewusst: Annalena Baerbock und Robert Habeck von den Grünen.
    Sind selbstbewusst: Annalena Baerbock und Robert Habeck von den Grünen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Die Union hat in der Vergangenheit ihren Koalitionspartnern hingegen immer wieder gezeigt, dass ihr an Augenhöhe nicht gelegen ist. Mit ihr ein Bündnis einzugehen, wäre gleich eine doppelte Belastung: Zum einen würde es angeführt von einem Kanzler, der den markanten Makel hat, dass er schlicht der falsche ist. Zum anderen müssten Liberale und Grüne davon ausgehen, dass das Schlingern der Union zur langfristigen Belastung würde. Denn nichts deutet darauf hin, dass CDU und CSU alleine das innere Gleichgewicht wieder herstellen könnten.

    Die Union muss ihre Fehler aufarbeiten

    Im Gegenteil: Es wäre der Parteienfamilie regelrecht zu wünschen, dass sie sich traut, Fehler ernsthaft zu analysieren. Laschet war auch deshalb so schwach, weil er genau das nicht geschafft hat. Er hat versucht, den Spagat zu schaffen zwischen dem konservativen Merz-Lager und dem Merkel-Lager – wo er sich selbst verortet, wurde damit immer undurchsichtiger. Ähnlich würde es der Partei bei einer Koalition mit Grünen und FDP gehen. Weil sie als Wahlverliererin gilt, müsste die Union viele Zugeständnisse an die beiden anderen Parteien machen. Und könnte damit für noch mehr Wählerinnen und Wähler unwählbar werden.

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