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Kommentar: Trumps Truppenabzug widerspricht jeder militärischen Vernunft

Kommentar

Trumps Truppenabzug widerspricht jeder militärischen Vernunft

Rudi Wais
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    US-Präsident Donald Trump wettert weiter gegen den politischen Konkurrenten.
    US-Präsident Donald Trump wettert weiter gegen den politischen Konkurrenten. Foto: Evan Vucci/AP, dpa

    Noch ist nichts verloren. Ein Abzug von 12.000 Soldaten und ihren Familien muss sorgfältig geplant und gut organisiert sein. Er kostet Zeit – und Geld. Schon deshalb wird das amerikanische Militär vor der Wahl im November keine größeren Truppenkontingente mehr aus Deutschland nach Hause holen oder in andere Länder verlegen können. Was danach geschieht, ist ohnehin pure Spekulation. Korrigiert ein neuer Präsident die Entscheidung von Donald Trump, nimmt er sie gar zurück? Oder überlegt Trump es sich, durch einen Wahlsieg milder gestimmt, noch einmal anders?

    Washington und Berlin reden zu viel übereinander - und zu wenig miteinander

    Möglich ist alles – im Zweifel auch das Gegenteil. Eine Hypothek für das deutsch-amerikanische Verhältnis aber bleibt der als Strafaktion gegen die Kanzlerin inszenierte Abzugsplan so oder so. Die Selbstverständlichkeit, mit der US– Soldaten uns Deutsche seit Jahrzehnten schützen, ist einer seltsamen Sprachlosigkeit gewichen - auf beiden Seiten. Trump nimmt der Bundesregierung übel, dass sie mit ihren Verteidigungsausgaben weit unter den vereinbarten zwei Prozent der Wirtschaftsleistung liegt – und Angela Merkel ganz persönlich deren Absage an seinen G-7-Gipfel im Herbst. Umgekehrt jedoch ist es der deutschen Politik auch nicht gelungen, ihre Position in den USA deutlich zu machen: Dass nämlich, erstens, die Militärausgaben in Deutschland schneller steigen als die Etats anderer Ministerien und andere Mitgliedsländer der Nato wie Italien oder Kanada, zweitens, einen noch größeren Rückstand aufzuholen haben. Hier wie dort, in Washington wie in Berlin, wird zu viel übereinander geredet und zu wenig miteinander.

    Nüchtern betrachtet können die Vereinigten Staaten ihre Stützpunkte in der Bundesrepublik nicht bis zur Bedeutungslosigkeit schleifen. Dazu ist Wladimir Putin im wenige Flugstunden entfernten Moskau ein viel zu gefährlicher Gegenspieler und die Lage an der Ostflanke der Nato viel zu instabil. Überdies bleibt Deutschland mit der Luftwaffenbasis Ramstein und dem größten Militärkrankenhaus außerhalb der USA ein wichtiges Drehkreuz für die Auslandseinsätze der amerikanischen Truppen. Ein derart bewährtes System schwächt keine Armee ohne Not, indem sie ihr Personal mal rasch um ein Drittel reduziert.

    Amerikanische Soldaten werden an anderer Stelle dringender gebraucht

    Zur geostrategischen Wahrheit gehört allerdings auch, dass ein (kleinerer) Teil der amerikanischen Soldaten an anderer Stelle gerade dringender benötigt wird als in Deutschland – im Baltikum zum Beispiel, wo russische Kampfjets dem Nato-Luftraum in provozierender Regelmäßigkeit nahe kommen und ihn teilweise sogar dreist überfliegen. Auch das Verlegen eines Geschwaders nach Italien macht Sinn. Von hier aus ist es nicht so weit bis zum Schwarzen Meer und der Krim, einem weiteren kritischen Punkt vor der Haustür der Nato. Doch so groß die Sorgen um den Verlust von Soldaten, von zivilen Arbeitsplätzen und dreistelligen Millionenbeträgen an Kaufkraft an den genannten Standorten im Moment auch sein mögen: Ein radikaler Abzug, wie Trump ihn angekündigt hat, widerspräche jeder militärischen Vernunft – und der wird sich am Ende auch der amerikanische Präsident beugen müssen.

    Aus dem Schneider ist Deutschland damit noch nicht. Schon unter Barack Obama hat die amerikanische Politik sich ein Stück weit von Europa entfremdet und sich stärker den neuen Möglichkeiten (und Risiken) im asiatisch-pazifischen Raum gewidmet. Zu glauben, dass ein neuer Präsident seine schützende Hand über Deutschland hält, als habe es nie einen Mauerfall gegeben, wäre daher reichlich naiv. Trump hin oder her: In seine Sicherheit wird Deutschland künftig mehr investieren müssen als bisher.

    Lesen Sie dazu auch: Goodbye Deutschland: USA wollen auch aus Bayern Truppen abziehen

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