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Kommentar: Trumps Generalprobe für die Mutter aller Schlachten

Kommentar

Trumps Generalprobe für die Mutter aller Schlachten

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    Donald Trump spricht während einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Columbia Regional Airport.
    Donald Trump spricht während einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Columbia Regional Airport. Foto: Evan Vucci/AP (dpa)

    Vor etwas mehr als einem Jahr trat Angela Merkel noch einmal bei der Bundestagswahl an. Sie tat dies mit dem erklärten Anspruch, ein Stabilitätsanker in einer Welt der Instabilität zu sein – einer Welt des Brexits, der Putin’schen Machtspiele und vor allem eines unberechenbaren US-Präsidenten Donald Trump.

    Nach mehr als zwölf Monaten ist klar: Merkel konnte ihren Stabilitätsanspruch nicht einlösen, sie ist eine CDU-Parteivorsitzende (und möglicherweise) Kanzlerin auf Abruf geworden. Die Welt ist noch instabiler – und Trump konnte nicht nur Merkel brüskieren und blamieren, er wird auch die US-Zwischenwahlen am Dienstag politisch überleben und bei der Präsidentschaftswahl 2020 wieder antreten. Er ist keine historische Fußnote.

    Die Midterms am Dienstag werden historisch

    Dafür werden wir am Dienstag aber eine historische Wahl erleben. Gewiss, es hat schon viele Abstimmungen historischen Ausmaßes in den USA gegeben. Als Barack Obama 2010 bei den Zwischenwahlen abgestraft wurde, bedeutete das den Aufstieg der Tea-Party-Bewegung. Fast traditionell müssen Präsidenten nach zwei Amtsjahren ihren Kurs korrigieren, Bill Clinton etwa rückte 1994 von links in die Mitte.

    Aber was am Dienstag zur Wahl steht, ist die Generalprobe für die „Mutter aller Schlachten um das Weiße Haus“, wie der Financial Times-Kolumnist Edward Luce schreibt. Es geht um nichts Geringeres als die Frage, wie sehr Donald Trump – ein offener Demokratie-Verächter, der nur eigene Siege zu akzeptieren bereit scheint – mit demokratisch erzielten Verlusten umzugehen bereit ist.

    Im Wahlkampf wahrte Trump nicht einmal mehr den Anschein überparteilicher Ansprache. Es geht ihm nur noch um jene, die Amerikaner „base“ nennen – die schwerst Überzeugten. Ihnen hat er immer Neues, immer Radikaleres versprochen, noch parteiischere Richter, noch höhere Zäune, noch mehr Soldaten an der Grenze zu Mexiko, noch mehr Unberechenbarkeit in den internationalen Beziehungen.

    Den Demokraten fehlt die überzeugende Gegenfigur

    Das mobilisiert natürlich auch die oppositionellen Demokraten, die zumindest bei Gouverneursposten oder der Mehrheit im Repräsentantenhaus zulegen dürften. Aber eine klare Gegenfigur, die sowohl Trump-Hasser als auch als Trump-Wähler anziehen könnte, ist noch nicht erkennbar. Die guten Wirtschaftsdaten, auch wenn Trump sie eher geerbt hat, arbeiten zudem gegen die Opposition.

    Doch dürfte der Präsident wohl Verluste erleiden. Anders als Vorgänger wird ihn dies aber kaum zum Kurswechsel bewegen, sondern zur Rache. Sollten die Verluste geringer ausfallen als erwartet, wird Trump das als Triumph inszenieren und erst recht durchregieren wollen. Dann könnten umstrittene Wahlkampfideen – etwa die Staatsbürgerschaft für in Amerika geborene Kinder abzuschaffen – einen neuen Kulturkampf auslösen. Auch würde sich das moralische Vakuum in der Weltpolitik weiter vergrößern. Wenn Saudi-Prinzen Journalisten ermorden lassen, wenn ein brasilianischer Rechtsausleger Frauen, Minderheiten, Arme verhöhnt und mit der Militärdiktatur flirtet, kommt aus Washington: Schweigen bis Zustimmung.

    Was das alles für uns Deutsche bedeutet? Angela Merkel, die Amerika als Land der Freiheit liebt, ist schweren Herzens auf Abstand gegangen. Die Zeiten, da man sich auf Amerika uneingeschränkt verlassen könne, sei ein Stück weit vorbei, diagnostizierte sie richtig. Eine Strategie, wie sich dieses Vakuum füllen lasse, hat Merkel aber nicht entwickelt. Einer ihrer möglichen Nachfolger im Parteivorsitz, Friedrich Merz, ist ein überzeugter Transatlantiker. Das ist in der Theorie gut. In der Praxis ist kaum noch klar, wie so eine transatlantische Beziehung aussehen soll.

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