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Kommentar: Trump geht es mit der Mauer nicht um eine echte Verbesserung

Kommentar

Trump geht es mit der Mauer nicht um eine echte Verbesserung

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    Präsident Donald Trump (Mitte) spricht mit Grenz-Beamten. Er will eine Mauer bauen lassen - um jeden Preis. 
    Präsident Donald Trump (Mitte) spricht mit Grenz-Beamten. Er will eine Mauer bauen lassen - um jeden Preis.  Foto: Evan Vucci

    Die Botschaft des Präsidenten wirkt klar: Die Lage ist ernst. Die USA befinden sich in einer bedrohlichen Krise, die schnelles Handeln erfordert. Immer schriller lässt Donald Trump die Alarmglocken läuten. Immer brutaler hämmert er seine Parolen in die Köpfe der Amerikaner. Längst sind Hungerflüchtlinge aus Lateinamerika und brutale Killerbanden, Vergewaltiger und Drogenhändler zu Synonymen verschmolzen. Es geht um den Schutz des Landes. In Trumps maßloser Rhetorik befinden sich die USA in einer kriegsähnlichen Lage. Zur Verteidigung gibt es nur ein Mittel: die Mauer.

    Die Art und Weise, wie der US-Präsident ein jahrzehntealtes Problem zu einer akuten Katastrophenlage stilisiert, könnte einem Lehrbuch für skrupellose Demagogie entstammen. Weder vor unzähligen Lügen noch vor der Verleumdung hier lebender Ex-Präsidenten und der Stilllegung der Verwaltung schreckt Trump zurück. Nun bereitet er den nächsten Coup vor: die Ausrufung des Nationalen Notstands, mit deren Hilfe er den Kongress ausschalten und autokratisch die vom Parlament verweigerten Milliarden für den Mauerbau mobilisieren könnte.

    Die USA haben genug echte Probleme

    Ein Nationaler Notstand, weil im vergangenen Jahr rund 400.000 Menschen illegal die Südgrenze der USA überquerten? Zur Jahrtausendwende lag die Zahl bei 1,6 Millionen. Auch Trumps übrige Behauptungen halten einer Überprüfung nicht stand: Der Großteil der eingeschmuggelten Drogen stammt zwar aus Mexiko, wird aber in Lastwagen versteckt über offizielle Grenzstationen eingeführt. Dort melden sich auch die Flüchtlingskarawanen, die Trump zur feindlichen Invasion dämonisiert hat.

    Zwar sind unter den Einwanderern auch Kriminelle, aber die Quote liegt niedriger als in der Gesamtbevölkerung. Dagegen gibt es echte Probleme: Sie haben aber mehr mit dem paradoxen Einwanderungsrecht der USA zu tun, das billige Arbeitskräfte anlockt, ohne ihnen einen vernünftigen Rechtsstatus zu gewähren. Auch ist eine bessere Grenzsicherung mit mehr Personal, Überwachungsgeräten und besseren Zäunen, die an neuralgischen Punkten längst existieren, sinnvoll. Doch politische Reformen und intelligente Sicherheitskonzepte würden viel Zeit kosten. Trump aber geht es gar nicht um eine echte Verbesserung der Lage. Ihm geht es um sein wichtigstes Wahlversprechen: die Mauer.

    Die Mauer wäre ein Beweis für Trumps politische Potenz

    Längst ist die Barriere zu einem gigantischen Symbol verklärt worden: Sie wirkt als imaginärer Schutzwall gegen alles Fremde, das Trumps Anhänger in ihrer evangelikalen weißen Welt beunruhigt. Sie verkörpert die Stärke der amerikanischen Nation. Und sie wäre der ultimative Beweis für die politische Potenz des Präsidenten.

    Der Kampf um dieses Symbol wird zum alles beherrschenden Thema der Trump-Präsidentschaft. Dafür hat der Milliardär rund 800.000 Staatsdiener in Geiselhaft genommen, die seit drei Wochen kein Gehalt bekommen. Und dafür ist er nun offensichtlich bereit, eine existenzielle Verfassungskrise in den USA anzuzetteln. Die von Trump offensiv angedrohte Ausrufung des Nationalen Notstands würde die Gewaltenteilung faktisch außer Kraft setzen. Zwar würde die Opposition dagegen sofort klagen, und wahrscheinlich wären die Gerichte bis zur Präsidentschaftswahl 2020 deutlich mehr beschäftigt als die Bauarbeiter an der Grenze. Die Institutionen wären beschädigt, das politische Klima in den USA auf Dauer vergiftet.

    Die Grenze zwischen den USA und Mexiko

    Die Grenze zwischen den USA und Mexiko ist bereits in mehreren Abschnitten auf rund 1000 Kilometern Länge durch meterhohe Zäune und Sperranlagen gesichert. Die rund 3150 Kilometer lange Grenze verläuft von San Diego (USA) und Tijuana (Mexiko) im Westen, dann teils durch längere Wüstenabschnitte bis Brownsville und Matamoros im Osten.

    Schon seit den 1990er Jahren und der Zunahme illegaler Grenzübertritte, vor allem aber nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, wurde die Grenzsicherung weiter ausgebaut.

    Unklar ist, ob eine Mauer auf der gesamten Strecke gebaut werden soll und kann. Teile des Grenzgebiets stehen unter Naturschutz, andere sind in Privatbesitz. Ein 75 Meilen langer Abschnitt zwischen Arizona und Mexiko wird vom Indianerstamm Tohono O’odham verwaltet.

    Der Stabschef von US-Präsident Trump, John Kelly, schloss erst Ende Januar eine durchgehende Mauer aus. Eine Betonmauer von Küste zu Küste werde es nicht geben, sagte Kelly laut der "Washington Post". Was die Regierung wolle, sei eine physische Barriere an vielen Stellen. Deren Gesamtlänge bezifferte Kelly auf gut 1100 Kilometer.

    Länge Die Mauer soll bis zu 15 Meter hoch sein und aus Stahl und Beton errichtet werden. Nach einer Studie des Massachusetts Institute of Technology wären dafür bis zu 9,7 Millionen Kubikmeter Beton und 2,3 Millionen Tonnen Stahl nötig. (dpa)

    Aber der Präsident könnte sich bei seiner aufgepeitschten Basis brüsten, im Kampf mit dem Establishment alles getan zu haben, um sein Wahlversprechen umzusetzen: eine fiktive Mauer zur Bekämpfung einer imaginären Krise.

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