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Kommentar: Trump gegen Clinton: Neuer Tiefpunkt im US-Wahlkampf

Kommentar

Trump gegen Clinton: Neuer Tiefpunkt im US-Wahlkampf

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    Donald Trump und Hillary Clinton schenken sich im US-Wahlkampf nichts. Die letzten Wochen vor der Wahl drohen zur schlammschlacht zu werden.
    Donald Trump und Hillary Clinton schenken sich im US-Wahlkampf nichts. Die letzten Wochen vor der Wahl drohen zur schlammschlacht zu werden. Foto: Jim Lo Scalzo, dpa

    Donald Trump will Hillary Clinton ins Gefängnis bringen, tut seine frauenfeindlichen Sprüche als harmlose Witzeleien unter Männern ab und gibt offen zu, seit Jahren keine Einkommensteuer mehr zu zahlen: Die Debatte von St. Louis markierte einen neuen Tiefpunkt im Kampf um das Weiße Haus. Viele Amerikaner, die stolz sind auf das eigene Land und für gewöhnlich auf Zustände anderswo auf der Erde herabblicken, sind geschockt. „Er redete wie der Diktator einer Bananenrepublik“, sagte Clintons Wahlkampfchef Robby Mook.

    Doch das war erst der Anfang. Die letzten vier Wochen vor der Wahl am 8. November dürften zu einer Schlammschlacht von einer bisher noch nie gesehenen Dimension werden. Ein Wettstreit politischer Programme und Pläne findet kaum noch statt – es geht Trump einzig und allein um darum, Clinton persönlich anzugreifen.

    Donald Trump lässt ernsthafte Reue wegen sexistischen Äußerungen vermissen

    Trumps Sprüche und destruktives Verhalten sind Programm. Der Milliardär und Populist lässt nicht nur jede ernsthafte Reue wegen seiner sexistischen Äußerungen vermissen. In St. Louis hat er signalisiert, dass er alle Versuche aufgegeben hat, gemäßigte Wähler für sich zu gewinnen. Er setzt in der Endphase des Wahlkampfes allein darauf, genügend Anhänger an die Urnen zu bekommen, die wütend sind: wütend über die Regierung Obama, wütend auf die Politiker, die jedes Problem zerreden und am Ende nichts tun, wütend auf „die da oben“. Kein Wunder, dass Trump der Held der Rechtspopulisten in ganz Europa ist.

    Dass Trump mit dieser Taktik der verbrannten Erde so weit gekommen ist, zeigt das Ausmaß der Entfremdung zwischen einem großen Teil der amerikanischen Wählerschaft und dem politischen System des Landes. Trump-Anhänger, vor allem weiße Männer mit relativ geringem Bildungsstand, kümmert es nicht, dass ihr Kandidat Frauen als „Schweine“ bezeichnet und dass er täglich die Regeln des politischen Anstandes und des zivilisierten Umgangs miteinander verletzt. Im Gegenteil: Jede Regelverletzung durch Trump ist seinen Fans ein neuer Beweis dafür, dass dieser Mann eben anders ist. Trumps Kandidatur ist ein ausgestreckter Mittelfinger in Richtung Washington.

    Hillary Clinton führt in den Umfragen

    Das ist Hillary Clinton

    Herkunft: Hillary Clinton wird am 26. Oktober 1947 als Hillary Diane Rodham in Chicago geboren. Ihrem Vater, Hugh Ellsworth, einem überzeugten Republikaner, gehört eine Textildruckerei. Sie kommt früh mit der US-Politik in Berührung. Bereits im Jugendalter engagiert sie sich politisch und setzt sich für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Barry Goldwater als Wahlhelferin ein.

    Studium: Ab 1965 studiert sie am Wellesley College Politikwissenschaft und Psychologie. In dieser Zeit wird sie auch zur Präsidentin der Jungen Republikaner gewählt, legt ihr Amt aber schon bald nieder, da sie Zweifel an der Politik bekommt, vor allem wegen deren Haltung gegenüber dem Vietnamkrieg. 1969 erlangte sie in Politikwissenschaften den Bachelor of Art mit Auszeichnung.

    Doktortitel: Hillary Clinton schreibt sich im Herbst 1969 an der Yale Law School in New Haven ein, um Rechtswissenschaft zu studieren. Hier setzt sie sich für den Schutz der Interessen von Kindern und Familien ein und verbindet dabei soziales Engagement mit ihrer juristischen Karriere. Mit einem Doktortitel beendet sie ihr Jurastudium.

    Privatleben: Im Frühjahr 1971 trifft sie erstmals Bill Clinton, ebenfalls Student der Yale Law School. Bereits im Sommer desselben Jahres sind die beiden offiziell ein Paar und beziehen eine gemeinsame Wohnung. Geheiratet haben sie am 11. Oktober 1975.

    Karriere: Die frischgebackene Ehefrau Hillary Clinton arbeitet als Rechtsanwältin in der renommierten Anwaltskanzlei Rose und als Professorin an der Law School der University of Arkansas . Ihr Mann, Bill Clinton, macht derweil in der Politik Karriere.

    Mutter: Als Bill Clinton 1978 zum Gouverneur von Arkansas gewählt wird, legt Hillary ihr Lehramt als Juraprofessorin nieder. Am 27. Februar 1980 kommt ihre Tochter Chelsea Victoria Clinton zur Welt. Als Bill Clinton von 1979 bis 1981 und von 1983 bis 1992 Gouverneur von Arkansas ist, übernimmt sie die Rolle der First Lady des Bundesstaates.

    First Lady: Für Bill Clinton geht es weiter steil bergauf. 1992 gewinnt er die US-Wahl gegen den amtierenden Präsidenten George W. Bush. Im Januar 1993 zieht die Familie ins Weisse Haus ein und Hillary Clinton ist offiziell First Lady. Sie widmet sich weiterhin dem Thema Kinderrechte.

    Lewinsky-Affäre: In der zweiten Amtsperiode ihres Mannes dominiert in den Medien die Lewinsky-Affäre, eine außereheliche Beziehung Bill Clintons zu seiner Praktikantin, die in ein (gescheitertes) Amtsenthebungsverfahren gegen ihn mündet. Das Ehepaar Clinton geht dennoch weiter unbeirrt seinen Weg.

    Senatorin: Das Ende von Bill Clintons Präsidentschaft im Jahr 2000 ist der Beginn ihrer politischen Karriere. 2001 wird Hillary Clinton Senatorin für den Bundesstaat New York und 2008 kandidiert sie für den Posten der Präsidentin der Vereinigten Staaten. Sie unterliegt Barack Obama knapp.

    Außenministerin: Im Januar 2009 holt Barack Obama seine einstige Rivalin ins Kabinett. Hillary Clinton wird Außenministerin und legt ihr Amt als Senatorin nieder. Bereits im März 2011 kündigt sie an, dass sie sich im Falle einer Wiederwahl Obamas vom Amt als Außenministerin zurückziehen werde, was sie 2013 dann auch tut. Bis zu ihrer Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2016 zog sie sich in ihr Privatleben zurück und engagierte sich sozial.

    Clintons Unbeliebtheit, ihr Mail-Skandal und ihre hin und wieder arrogante Art machen es Trump leichter, sind aber nicht die Ursache dafür, dass rund 40 Prozent der Wähler nach wie vor zu dem Populisten halten. Jeder andere Gegenkandidat des Reality-TV-Stars würde genauso erbarmungslos als Vertreter eines abgewirtschafteten Establishments attackiert. Das haben schon Trumps republikanische Gegenkandidaten im Vorwahlkampf erfahren müssen.

    Zwei große Fragezeichen schweben über den letzten Wochen vor der Wahl. Die erste lautet, ob Trumps Kalkül tatsächlich aufgehen kann. Die meisten Experten glauben das nicht. Clinton führt in den Umfragen nicht nur landesweit, sondern auch in den meisten umkämpften Bundesstaaten, die für das Ergebnis besonders wichtig sein werden.

    Das ist Donald Trump

    Donald Trump ist der aktuelle Präsident der USA. Fakten und Zahlen zu ihm.

    Donald Trump, geboren am 14. Juni 1946, ist das vierte von fünf Kindern des Immobilienunternehmers Frederick Trump Jr. und seiner Frau Mary Anne MacLeod.

    Trumps Großeltern Frederick Trump und Elisabeth Christ stammen aus Kallstadt in der Pfalz und waren nach Amerika ausgewandert.

    Trump studierte Wirtschaftswissenschaft an der Fordham University in New York und an der renommierten Wharton School in Philadelphia.

    Schon als Student machte Trump sich selbstständig, indem er mit einem vom Vater gestellten Startkapital von 200.000 Dollar preiswert marode Häuser erwarb, sanierte und teuer weiter verkaufte.

    1974 übernahm er das Unternehmen des Vaters und realisierte Bau- und Hotelprojekte in den USA und anderen Ländern. Zu den bekanntesten zählen in New York der Trump Tower, der Trump World Tower sowie das Trump Building.

    Die Geschäftsfelder des Donald Trump sind vielfältig: Er investierte in Aktien, besitzt eine Modelagentur und betreibt 18 Golfplätze. Aus dem Geschäft mit Spielbanken und einer eigenen Fluglinie zog er sich dagegen zurück.

    Trump veröffentlicht 16 Bücher, die als Ratgeberliteratur von Verhandlungs- und Geschäftspraxis handeln.

    Trump hatte immer wieder kurze Gastauftritte in Filmen und Fernsehserien, wie in Kevin – Allein in New York, Der Prinz von Bel-Air oder Sex and the City. 2004 und 2015 war Trump Gastgeber der US-amerikanischen Comedy-Show Saturday Night Live des Senders NBC.

    Donald Trump heiratete 1977 das tschechische Model Ivana Marie Zelníčková, mit der er drei Kinder hat. 1992 folgte die Scheidung. Trump war kurzzeitig mit Carla Bruni liiert, der jetzigen Gattin des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Von 1993 bis 1999 hieß Trumps Ehefrau Marla Maples. Mit der Schauspielerin hat er eine Tochter.

    2005 heiratet er das Model Melania Knauss, mit der er einen weiteren Sohn hat. Inzwischen ist er achtfacher Großvater.

    Trump ist ein politisches Chamäleon: 1987 registriert er sich bei den Republikanern, wechselt 1999 zur Independence Party, 2001 zu den Demokraten und 2009 wieder zu den Republikanern.

    Im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft im Jahr 2016 provozierte Trump mit rassistischen und sexistischen Aussagen. Er beleidigte Behinderte und drohte, seine Konkurrentin Hillary Clinton ins Gefängnis zu schicken.

    Bei der US-Wahl am 8. November 2016 gelang es ihm dennoch, eine deutliche Mehrheit der Wahlmänner hinter sich zu vereinen.

    Zudem schwächen demographische Veränderungen in der amerikanischen Wählerschaft die Rolle von Trumps Kern-Anhängerschaft: Noch 1988 reichten dem älteren George Bush rund 63 Prozent der Wählerstimmen der weißen männlichen Amerikaner zum Sieg – bei der Wahl vor vier Jahren überzeugte Mitt Romney immerhin noch 62 Prozent dieser Wählergruppe, verlor gegen Barack Obama aber mit einem Abstand von 3,5 Millionen Stimmen. Trump müsste 70 Prozent aller weißen Männer für sich gewinnen, um ins Weiße Haus einziehen zu können, doch davon ist er weit entfernt.

    Wut und Hass auf die Politik als Ergebnis des Wahlkampfes

    Die zweite Frage in der Endphase des Wahlkampfes richtet sich auf die Zeit danach. Wie geht Amerika mit Millionen von Bürgern um, die sich von der etablierten Politik abgewendet haben und bereit sind, einen Mann zum Präsidenten zu machen, der seine Mitbewerberin um das höchste Staatsamt einsperren will?

    Selbst wenn Trump am Ende doch noch gewinnen sollte, wird er als Präsident die Hoffnungen dieser Menschen, die er mit seinem Versprechen sofortiger und durchschlagender Verbesserungen geweckt hat, enttäuschen müssen: Es gibt nun einmal keine einfachen Lösungen für komplizierte Probleme. Das Potenzial an Wut und Hass auf die Politik in Washington ist eine Hinterlassenschaft dieses Wahlkampfes, die den USA nach dem 8. November noch große Probleme bereiten könnte. Susanne Güsten

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