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Kommentar: Terrorzelle enttarnt: Unser Kampf gegen Rechts muss entschlossener werden

Kommentar

Terrorzelle enttarnt: Unser Kampf gegen Rechts muss entschlossener werden

Margit Hufnagel
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    Zu lange hat es der deutsche Staat versäumt, entschlossen gegen Rechts vorzugehen.
    Zu lange hat es der deutsche Staat versäumt, entschlossen gegen Rechts vorzugehen. Foto: Hendrik Schmidt

    Die Meldungen erscheinen inzwischen in so großer Regelmäßigkeit, dass sie schon fast zur Gewohnheit werden. Wieder haben Rechtsextremisten Anschläge in Deutschland geplant. Ihr Ziel sollten Politiker, Asylbewerber und Muslime sein. In geheimen Zirkeln planten sie den Aufstand gegen einen Staat, der ihnen längst zur Zielscheibe geworden war. Sie bewaffneten sich, bastelten an Verschwörungstheorien und fanden im Internet Gleichgesinnte. Die rechte Gewalt, sie treibt nicht nur immer neue Blüten – die Zahl der Rechtsextremisten im Land hat auch einen Höchststand erreicht. Und der zwingt uns, zu fragen: Tut Deutschland genug im Kampf gegen Rechts? Hat die Politik zu lange nur die islamistischen Gewalttäter in den Blick genommen und dabei den Rechtsextremismus verharmlost und folglich erst zu seiner heutigen Größe anwachsen lassen?

    Rechtsextreme Gesinnung: Die Zahlen gehen immer weiter nach oben

    Fakt ist, dass uns die Entwicklung der vergangenen Jahre Sorgen machen muss. Seit Beginn der Flüchtlingskrise ist die Zahl derer, die ihre rechtsextreme Gesinnung offen zeigen, deutlich gestiegen. Doch erst jetzt, nach vielen vertanen Jahren, reagiert Innenminister Horst Seehofer und verspricht eine Politik der harten Hand. Er hat allen Grund dazu: Schließlich zielen die Angriffe der Rechten immer auch auf den Rechtsstaat und damit auf unsere Demokratie.

    Diese wehrhaft zu verteidigen, ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Innenministers. Der Staat muss ein Stoppschild zeigen, das unmissverständlich ist. Denn hier geht es nicht um einzelne Spinner mit völkischen Hirngespinsten, hier geht es um eine Gefahr für unser Land. Dass die Behörden nun Netzwerke auffliegen lassen oder Gruppen wie kürzlich erst „Combat 18“ verboten werden, ist deshalb richtig. Und doch kommt dieses konsequente Handeln so spät, dass sich die Szene längst so festgesetzt hat in unserem Land, dass ihr immer schwerer beizukommen ist.

    Kampf gegen Rechts: Der digitale Raum bleibt Ermittlern oft verschlossen

    Das liegt auch daran, dass die Ermittler schon rein technisch nicht immer mithalten können. Der digitale Raum bleibt ihnen noch viel zu häufig verschlossen. Dabei ist er es, der sich als Brutstätte des Hasses etabliert hat. Braune Kanäle schaffen es dort, Nutzer für ihre Zwecke zu mobilisieren. Nur wer dorthin Zugang hat, wird den Terroristen einen Schritt voraus sein können. Es ist an der Zeit, dieses Thema grundsätzlich anzugehen.

    Doch auch die Gesellschaft ist gefordert. Denn Hass gedeiht dort besonders gut, wo er auf fruchtbaren Boden fällt: Wo Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit wieder salonfähig werden, wo Gewalt gegen Politiker als legitimes Mittel des Protests betrachtet wird, wo Respekt vor Andersdenkenden längst einem zermürbenden Hass gewichen ist. Überall dort fühlen sich Rechtsextremisten als Helden, die mutig das umsetzen, was die Mehrheit doch angeblich wirklich denkt. Und das heißt: Wer bei Stammtisch-Parolen schweigt, nährt diese Haltung – und das ist gefährlich. Die schlichte Selbstverständlichkeit, mit der inzwischen im hetzerischen Ton über Minderheiten, aber auch über Politiker gesprochen wird, ist verhängnisvoll.

    Ressentiments dürfen nicht weiter in die Mitte vorrücken

    Leider sind Verschwörungstheorien und Ressentiments durch die AfD wieder in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen. Umso tragischer ist es, wenn Parteien wie die FDP mit politischen Manövern zur Normalisierung dieser Gruppierungen beitragen, wie jüngst in Thüringen geschehen. Es ist zu hoffen, dass zumindest diese traurige Episode dazu geführt hat, das Bewusstsein im Widerstand gegen Demagogen zu schärfen.

    Keine Frage: Deutschland muss sich streiten dürfen, muss um seinen Weg in die Zukunft ringen. Auseinandersetzung ja, bitte. Aber zivilisiert sollte sie sein.

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