Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Schulz und Gabriel weg: So kann Scholz glänzen

Kommentar

Schulz und Gabriel weg: So kann Scholz glänzen

    • |
    Vorboten einer möglichen Kanzlerkandidatur: Olaf Scholz soll in der SPD-Ministerriege die fünf anderen Genossen überstrahlen.
    Vorboten einer möglichen Kanzlerkandidatur: Olaf Scholz soll in der SPD-Ministerriege die fünf anderen Genossen überstrahlen. Foto: Daniel Bockwoldt, dpa

    Die schwer gebeutelte SPD will endlich wieder das Siegen lernen und setzt dabei voll auf Olaf Scholz. Als Chef im mächtigen Finanzressort, als Vizekanzler und Anführer der sechs

    Beliebtheit schützt nicht vor Amtsverlust

    Demoskopen wie Forsa-Chef Manfred Güllner sehen in dem nüchtern-geradlinigen Hamburger schon lange den Genossen mit den größten Chancen, der nächste SPD-Regierungschef nach Gerhard Schröder zu werden. Auch Andrea Nahles, die als Fraktions- und designierte Parteichefin formal das erste Zugriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur hätte, scheint eingesehen zu haben, dass sie mit ihrer bisweilen schrill-krawalligen Art nicht annähernd das Potenzial von Scholz besitzt. An dieser Erkenntnis hat sich offenbar die Besetzung der Kabinettsposten orientiert. Das halbe Dutzend SPD-Minister ist ein Team Scholz. In dem es nur einen Star geben darf.

    Trotz oder vielmehr gerade wegen seiner enormen Popularität musste deshalb der beliebte Außenminister Sigmar Gabriel das Feld räumen. Ein zweites, nicht kontrollierbares Machtzentrum um den Instinktpolitiker aus Niedersachsen könnte das Projekt, mit Scholz nach dem Kanzleramt zu greifen, gefährden. Beliebtheit schützt im mörderischen Politgeschäft nicht vor Amtsverlust.

    Maas dürfte Scholz nicht gefährlich werden

    Martin Schulz weg, Gabriel weg – so kann Olaf Scholz glänzen. An finanzpolitischer Kompetenz mangelt es ihm nicht, vor allem aber darf er künftig fast auf Augenhöhe mit einer Kanzlerin agieren, die den Zenit ihrer Macht überschritten hat und aller Voraussicht nach kein weiteres Mal antreten wird. Als ihr Vize kann sich Scholz vorzüglich als ihr Nachfolger in Stellung bringen. Die anderen fünf SPD-Minister dürfen ihm dabei zuarbeiten.

    Mit dem bisherigen Justizminister Heiko Maas wird einer, der schon im kleinen Saarland keine Wahl gewinnen konnte, neuer Außenminister. Obwohl das Amt quasi die Garantie für steigende Beliebtheitswerte mit sich bringt – Maas dürfte Scholz nicht gefährlich werden. Mit Katarina Barley wäre das womöglich anders gewesen. Sie wird als ausgesprochen sympathisch, wenn auch harmlos wahrgenommen. Auf dem internationalen Parkett hätte sie sicher eine gute Figur gemacht. Doch in der SPD darf in den kommenden Jahren niemand Olaf Scholz überstrahlen. So muss Barley mit dem Justizministerium vorliebnehmen, das sie von Maas erbt.

    Personelle Überraschungen fehlen

    Hubertus Heil, der das Arbeits- und Sozialministerium übernimmt, gilt mit 45 Jahren noch als junger Politiker – und ist in der SPD doch einer aus der alten Garde. Zweimal rackerte er sich als Generalsekretär durch anstrengende Bundestagswahlkämpfe. Auch wenn es die beiden erfolglosesten der

    Umweltministerin Svenja Schulze ist in der Bundespolitik dagegen noch ein unbeschriebenes Blatt. Ihre Ernennung verdankt sie vor allem dem Umstand, dass sie dem größten SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen entstammt. Franziska Giffey, bisher Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln, könnte für die Sozialdemokraten sofort sehr wichtig werden. Die künftige Familienministerin stammt aus Ostdeutschland, wo die Probleme der SPD besonders groß sind. Und sie ist eine Genossin, die auf Recht und Ordnung setzt, Probleme der Migration offen anspricht – was viele Bürger bei der

    Echte personelle Überraschungen fehlen, Vertreter der Parteilinken und GroKo-Gegner wie Kevin Kühnert von den Juso bleiben außen vor. Statt einer Auswahl der größten Talente wird eine brave Mannschaft nominiert, damit Kapitän Olaf Scholz aus ihr herausragen kann. Auch der inhaltliche Kurs der SPD ist damit vorgezeichnet: Verlässlich, regierungsfähig, eher wirtschaftsfreundlich, mehr Mitte als links, keine Experimente. Für die Große Koalition sind das nicht die schlechtesten Voraussetzungen. Ob mit dem Rezept aus Gerhard Schröders Zeiten auch der erfolgreiche Neustart der an Schwindsucht leidenden Volkspartei gelingt, steht auf einem anderen Blatt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden