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Kommentar: Rechtsextremismus-Lagebericht: Es sind zu viele Einzelfälle

Kommentar

Rechtsextremismus-Lagebericht: Es sind zu viele Einzelfälle

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    Laut Lagebericht des Innenministeriums gibt es bei den Sicherheitsbehörden wie Polizei und Zoll aktuell 380 Rechtsextremismus-Verdachtsfälle.
    Laut Lagebericht des Innenministeriums gibt es bei den Sicherheitsbehörden wie Polizei und Zoll aktuell 380 Rechtsextremismus-Verdachtsfälle. Foto: Boris Roessler, dpa (Symbol)

    Knapp 380 Rechtsextremismus-Verdachtsfälle bei den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern – das bedeutet zweierlei. Erstens: Die weit überwiegende Zahl der Angehörigen von Polizei, Zoll und Geheimdiensten steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Grundgesetzes. Zumal es sich um Verdachtsfälle handelt und viele Vorwürfe sich nicht erhärten. Zweitens: Es ist besorgniserregend, dass eine kleine Zahl eben doch nicht tut. So verdient jedes Vorkommnis, in dem Beamte sich rechtsextrem oder rassistisch äußern, den Nationalsozialismus verharmlosen oder verherrlichen, die volle Aufmerksamkeit.

    Lagebericht zu Rechtsextremismus bei der Polizei ist ein erster Schritt

    Der Lagebericht zu dem Phänomen, den das Innenministerium nun vorgestellt hat, ist ein erster Schritt, er benennt das Problem. In Zukunft muss aber mehr als bisher geschehen, damit Rechtsextremismus wo er auftritt schnell erkannt wird und die Entstehung von problematischen Netzwerken unterbunden wird.

    Viele Fragen sind zu klären. Wie und warum radikalisieren sich Polizisten oder Soldaten? Nicht wenige derer, die für diesen Staat und seine Bürger buchstäblich den Kopf hinhalten, Gesundheit und Leben riskieren, fühlen sich alleingelassen. Sie sind frustriert und nicht selten wütend auf die Politik. Es wäre grundfalsch, sie jetzt auch noch pauschal als Rechtsextremisten abzustempeln.

    Der Staat muss sich besser seine Sicherheitskräfte kümmern

    Der Staat muss sich besser um die Menschen in seinem Sicherheitsapparat kümmern. Dazu gehört auch, etwas gegen die zunehmende Gewalt zu unternehmen, die gegen Polizisten gerichtet ist. Ärger und Resignation sind der Nährboden, auf dem Extremismus gedeiht. Die ganze Gesellschaft muss hinter ihrem Sicherheitsapparat stehen. Sie darf seinen Angehörigen aber absolute Verfassungstreue abverlangen.

    Weitere Untersuchungen zum Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden sind nötig. Aber sie müssen klug angelegt sein. Standard-Abfragen bei Dienststellen bringen wenig. Sie laden regelrecht dazu ein, Vorfälle unter den Tisch zu kehren und wegzusehen. Welcher Behördenleiter gibt schon freiwillig zu, dass er seinen Laden nicht im Griff hat und holt sich möglicherweise unangenehme Nachforschungen ins Haus? Eine engagierte Extremismusbekämpfung muss in jeder einzelnen Wachstube beginnen. Schon bei der Einstellung ist genau darauf zu achten, welche Art von Einstellung die Bewerber mitbringen. Es ist die Aufgabe der Sicherheitsbehörden, alle Bürger, ungeachtet ihrer Herkunft, Hautfarbe oder Religion, gleich gut beschützen. Rechtsextremisten in ihren Reihen aber sind – auch weil sie oft Zugang zu Waffen haben – ein gewaltiges Risiko für die ganze Gesellschaft. Jeder Einzelfall ist da einer zuviel.

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