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Kommentar: Radikale bei Berliner Demo: Abstand halten ist wichtig - etwa gegen Nazis

Kommentar

Radikale bei Berliner Demo: Abstand halten ist wichtig - etwa gegen Nazis

Stefan Lange
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    Teilnehmer einer Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen stehen vor dem Reichstag, ein Teilnehmer hält eine Kriegsflagge mit schwarz-weiß-roten Querstreifen.
    Teilnehmer einer Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen stehen vor dem Reichstag, ein Teilnehmer hält eine Kriegsflagge mit schwarz-weiß-roten Querstreifen. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Unsere Demokratie steht unter Druck. Diese Diagnose ist nicht neu, die Verfassung unseres Landes musste schon so einiges aushalten. Die Angriffe auf die Innere Sicherheit durch den internationalen Terrorismus etwa, um nur ein Beispiel aus der neueren Zeit zu nehmen. Gerade ist es die Corona-Pandemie, welche die Demokratie und jene, die sie schützen sollen, schwer belastet. Diese Herausforderung ist so neu, wie das Virus selbst. Denn erstmals stehen viele verschiedene Gruppen zusammen auf der Straße, um gegen den Staat und dessen verfassungsmäßige Ordnung zu demonstrieren.

    Auf der Corona-Demo in Berlin laufen Männer und Frauen mit, die auch für Unerfahrene als Neonazis zu erkennen sind

    Von den Veranstaltungen wie den Anti-Corona-Demonstrationen am Freitag und Samstag in Berlin waren Bilder von besorgten Bürgerinnen und Bürgern zu sehen, die einträchtig neben Männern und Frauen liefen, welche auch für Unerfahrene leicht als Neonazis oder Reichsbürger zu erkennen waren. Gegen die Corona-Politik der Bundesregierung zu demonstrieren, ist selbstverständlich das gute Recht eines jeden Bürgers, einer jeden Bürgerin.

    Zwar halten es manche schon für ungehörig, gegen Vorschriften zu protestieren, die andere Menschen schützen und sie vor dem Tod bewahren können. Aber über die Details der Corona-Maßnahmen, über ihren Umfang, ihre Dauer und auch ihre Kosten muss der demokratische Diskurs immer möglich sein. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten weite Wege und Mühen auf sich genommen, um ihre Meinung in Berlin zu vertreten. Das ist keineswegs mehr selbstverständlich in einer Gesellschaft, in der Protest oft nicht mehr bedeutet, als vom Sofa aus eine Online-Petition zu unterzeichnen oder ab und an einen wütenden Tweet zu verschicken.

    Den Radikalen geht es bei der Demo in Berlin nicht um Corona

    Demonstrationen haben sich in der deutschen pluralistischen Demokratie etabliert und sie zeigen immer wieder Wirkung. Die Kundgebungen gegen Kernenergie, gegen Überwachung, gegen Stuttgart 21 und vieles mehr hatten in der Vergangenheit aber im Gegensatz zu den Anti-Corona-Demos eines gemeinsam: Für Nazis und andere rechte Wirrköpfe war kein Platz.

    Legitimer Protest delegitimiert sich selbst, wenn er sich so offensichtlich wie in Berlin von Rechtsradikalen und Rechtsextremisten vereinnahmen lässt. Diesen Radikalen geht es in Wahrheit gar nicht um die Corona-Pandemie und die Diskussion über die richtigen Maßnahmen. Sie wollen vielmehr diesen Staat angreifen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung kippen, und vor allem wollen sie am liebsten selbst an die Macht kommen.

    Gegner der Corona-Politik müssen zeigen, dass sie mit Faschisten nichts am Hut haben

    Wer sich von diesen Plänen und dieser Programmatik nicht klar abgrenzt, ist ein Mitläufer und macht sich mitschuldig. Der Sturm auf das Reichstagsgebäude wurde abgewendet, weil beherzte Polizisten sich der aufgebrachten Menge entgegen stellten. Es wäre ein gutes, ein notwendiges Signal gewesen, wenn sich andere Kundgebungsteilnehmer dieser Gruppe ebenfalls früh entgegengestellt hätten.

    So sind diejenigen, die allein wegen des Corona-Themas nach Berlin reisten, denen auf den Leim gegangen, die sie für ihre Zwecke instrumentalisierten und missbrauchten. Denn die von der Demo vor allem verbreiteten Bilder zeigten nicht die Anliegen derer, die die Corona-Regeln für zu streng oder Impfungen für gefährlich halten. Gezeigt wurde, wie von den radikalen Protestlern kalkuliert, der Sturm aufs Reichstagsgebäude.

    Unsere Demokratie steht unter Druck, sie hat standgehalten. Es ist die Mitwirkung vieler nötig, damit sich daran nichts ändert. Bei der nächsten Demonstration haben die Gegner der Corona-Politik Gelegenheit zu zeigen, dass sie mit Faschisten nichts am Hut haben.

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