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Kommentar: Proteste in Belarus: Lukaschenkos letztes Gefecht

Kommentar

Proteste in Belarus: Lukaschenkos letztes Gefecht

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    Präsident Alexander Lukaschenko (links) beim Truppenbesuch in Grodno.
    Präsident Alexander Lukaschenko (links) beim Truppenbesuch in Grodno. Foto: Andrei Stasevich/BelTA/AP, dpa

    Die Bilder aus Belarus zeigen es deutlich: In der ehemaligen Sowjetrepublik fordert die Zukunft die Vergangenheit heraus. Vor allem junge Menschen geben der Demokratiebewegung ihren unerhörten Schwung. Frauen wollen nichts mehr wissen von Männern wie Alexander Lukaschenko, dessen postsowjetisches Patriarchat längst zu einer Karikatur geronnen ist.

    Lukaschenko setzt auf Zwang und Zerstörung

    Da steht ein Diktator mit Schnauzbart und in Tarnfleckuniform und brüllt. Mehr kommt da nicht. Die Jungen sind neugierig auf die Welt und das Leben. Sie wollen sich nicht länger einsperren lassen. Erst recht wollen sie sich nicht vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben. Aber auch unter den Älteren sind es die Klugen und die Kreativen, die nach mehr Freiheit rufen. Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch (73) ist nicht zufällig das prominenteste Gesicht im Koordinierungsrat der Opposition.

    Lukaschenko dagegen setzt auf Prügel und Folter, auf Zwang und Zerstörung. Damit ist kein moderner Staat mehr zu machen. Erst recht gilt das für die sowjetnostalgische Kolchosen- und Planwirtschaft, auf die der Diktator noch immer vertraut. Das Internet dagegen lässt er zensieren und blockieren, wo er nur kann. Doch auch da sind ihm die Jungen weit voraus. Der „Marsch des neuen Belarus“ organisierte sich am Sonntag an allen virtuellen Sperren vorbei.

    Die Gefahr einer Eskalation bleibt hoch

    All das wiederum heißt nicht, dass die Zukunft in der belarussischen Gegenwart zwangsläufig triumphiert. In der real existierenden Welt des postsowjetischen Raums mit ihren Betonköpfen und den zementierten Machtstrukturen kann ein Mann von gestern wie Lukaschenko seinen letzten Kampf durchaus noch einmal gewinnen. Mit gnadenloser Gewalt. Zur Not mit Hilfe des Militärs.

    Der Diktator selbst ist zum Äußersten entschlossen. Lieber werde er sterben als zurückweichen, hat er zuletzt immer wieder erklärt und die Armee in Gefechtsbereitschaft versetzt. Und Lukaschenko meint es ernst. Das hat er in den vergangenen 26 Jahren seiner Herrschaft oft genug beweisen. Deswegen bleibt die Gefahr einer Eskalation hoch. Die EU sollte darauf vorbereitet sein.

    Lesen Sie dazu auch den Bericht: Tichanowskaja: "Wir sind unserem Traum von der Freiheit ganz nah"

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