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Kommentar: Nur Minister für E-Roller und Fahrradhelme: Scheuer fehlt der Mut

Kommentar

Nur Minister für E-Roller und Fahrradhelme: Scheuer fehlt der Mut

Rudi Wais
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    Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister.
    Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister. Foto: Lisa Ducret, dpa

    Der Posten des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur ist kein besonders glamouröser – aber einer mit Gestaltungsmöglichkeiten. Fast 30 Milliarden Euro hat Andreas Scheuer in diesem Jahr zur Verfügung, mehr Geld gestehen wir Steuerzahler nur dem Sozialminister und der Verteidigungsministerin zu. Scheuer aber könnte jede Woche ein neues Autobahnteilstück eröffnen oder ein Funkloch auf dem Land schließen: Er wird der Minister bleiben, der die Sache mit der Pkw-Maut versemmelt hat.

    Das ist, zugegeben, ein wenig ungerecht, weil der CSU-Mann aus Passau sich darauf verlassen hat, dass der Europäische Gerichtshof wie fast immer der Empfehlung seines Generalanwaltes folgen und die Maut schon durchwinken würde. Mit seiner aggressiven, wenig einsichtigen Reaktion aber bestätigt Scheuer ein ehernes Gesetz der Politik: Nicht die Krise selbst, in diesem Fall das Scheitern der sogenannten Ausländermaut, ist inzwischen das Problem, sondern der Umgang des politisch Verantwortlichen mit ihr. Anstatt das Urteil zu akzeptieren und nach neuen Lösungen zu suchen, attackiert Scheuer die österreichischen Kläger und die Unternehmen, mit denen er etwas voreilig schon Verträge für die Abwicklung der Maut geschlossen hatte. Selbstkritik? Fehlanzeige.

    Hinter jeder Kritik wittert Scheuer Kritik an seiner Person

    Der Schadenersatz, den die geplanten Maut-Betreiber jetzt fordern, und die fehlenden Einnahmen von 500 Millionen Euro im Jahr aus der Maut sind dabei noch nicht einmal Scheuers größtes Problem. Der ehemalige CSU-Generalsekretär hat es auch nach mehr als einem Jahr nicht geschafft, aus dem Modus des Parteipolitikers in den eines Bundesministers zu schalten. Immer einen Ton zu laut, immer einen Tick zu provokant agiert er häufig noch wie früher, als er noch Horst Seehofers Mann fürs Grobe war. Hinter jeder Kritik in der Sache wittert Scheuer auch Kritik an ihm, dem Minister, und an der Partei. Auch deshalb war die Pkw-Maut für ihn weniger ein Beitrag zur nachhaltigen Finanzierung von Autobahnen, Bahnstrecken oder Wasserstraßen, sondern vor allem eines: Ein Prestigeprojekt der CSU.

    Ein Minister, dem es um die Sache geht, würde jetzt überlegen, ob er die Maut nicht doch einführt, aber nach österreichischem Vorbild. Ein Minister, der das große Ganze im Blick hat, würde ein vergleichsweise unbedeutendes Problem wie den Umgang mit den neuen E-Rollern nicht zu seinem Herzensthema machen. Und ein Minister, der wirklich etwas zum Bessern verändern will, käme auch nicht auf die Idee, Menschen mit dem Autoführerschein ein Motorrad fahren zu lassen oder mit halbnackten Models für das Tragen von Fahrradhelmen zu werben.

    Andreas Scheuer vernachlässigt die großen Probleme

    Als ob die Republik keine anderen Sorgen hätte, rückt Scheuer immer wieder politische Nebensächlichkeiten in den Focus. Dass die Bahn keine attraktive, weil günstigere Alternative zu Auto oder Flugzeug ist? Geschenkt. Dass das Land der Ingenieure bis heute nicht in der Lage ist, auch abgelegene Bauernhöfe mit schnellem Internet zu versorgen? Offenbar ein zu vernachlässigendes Problem. Hauptsache, im Berliner Regierungsviertel haben die E-Roller jetzt freie Fahrt.

    Andreas Scheuer ist mit viel Elan in sein Amt als Verkehrsminister gestartet. Für die Diesel-Krise, die ihn jede Menge Zeit und Nerven gekostet hat, kann er nichts. Für die schleichend verfallende Infrastruktur, für die Defizite bei der Digitalisierung oder die Probleme der Bahn mit ihrer Qualität, ihrer Pünktlichkeit und ihren Finanzen aber steht am Ende der Verkehrsminister-Gerade. Nach dem plötzlichen Aus für die Maut fehlt es Andreas Scheuer nun zwar auch an Geld. Noch mehr aber fehlt es ihm an politischem Mut.

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