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Kommentar: Nun hat der Bundestagswahlkampf offiziell begonnen

Kommentar

Nun hat der Bundestagswahlkampf offiziell begonnen

Rudi Wais
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    Dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz wird durchaus zugetraut, mit seiner pragmatischen Art auch in konservativen Kreisen gut anzukommen.
    Dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz wird durchaus zugetraut, mit seiner pragmatischen Art auch in konservativen Kreisen gut anzukommen. Foto: Oliver Berg, dpa

    Den ersten Pflock hat Olaf Scholz schon eingeschlagen. Obwohl die Zahl der Kurzarbeiter zurückgeht und die Reserven der Bundesagentur für Arbeit bald aufgebraucht sind, will der Kanzlerkandidat der SPD die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes noch ausweiten. Anstatt maximal ein Jahr soll es bis zu zwei Jahre fließen – und Entlassungen im großen Stil verhindern. Dass im Moment noch niemand verlässlich sagen kann, ob die Wirtschaft noch einmal in größere Nöte kommt und ob eine solche Verlängerung überhaupt erforderlich sein wird, spielt für Scholz dabei keine Rolle. Er will mit seiner Initiative vor allem eines zeigen: Die SPD kümmert sich. Willkommen im Wahlkampf.

    Bundestagswahlkampf: Die frühe Nominierung von Olaf Scholz stellt einiges auf den Kopf

    Gut ein Jahr vor der Bundestagswahl stellt die frühe Nominierung des Kandidaten Scholz die Verhältnisse im politischen Berlin zumindest vorübergehend auf den Kopf. Während die Union ihre K-Frage erst um den Jahreswechsel herum beantworten will, tritt die Konkurrenz von links auf, als habe sie die Wahl bereits gewonnen. Der Grünen-Chef schwadroniert mit bemerkenswerter Chuzpe darüber, die C-Parteien bald als stärkste politische Kraft abzulösen, die Linke sieht sich trotz fundamentaler Differenzen in der Außen- und Wirtschaftspolitik wie selbstverständlich als Teil eines rot-rot-grünen Dreiers – und die SPD, mit Umfragewerten unter der 20-Prozent-Marke gefühlte Lichtjahre vom Kanzleramt entfernt, tritt neuerdings auf, als sei ihr Scholz der einzig legitime Erbe von Angela Merkel. Das kann man Selbstbewusstsein nennen oder Größenwahn – dazugewonnen hat das linke Lager in den Umfragen bisher jedenfalls kaum etwas. Die jüngsten Zugewinne der SPD gehen vor allem zu Lasten von Grünen und Linken.

    Unterschätzen allerdings sollte Scholz dennoch niemand – der Finanzminister ist mit seiner ruhigen, pragmatischen Art weit ins konservative Lager hinein vermittelbar. Gelingt es der Union nicht, einen überzeugenden, von einer breiten Mehrheit getragenen Kanzlerkandidaten zu finden, könnte es am Ende auch knapp für Scholz reichen. Entsprechend kreativ wird der Finanzminister die nächsten Monate zu nutzen versuchen, in denen die Union noch mit ihrem eigenen Kandidatenrennen beschäftigt ist. Die Illusion, die Große Koalition könnte nach seiner Nominierung noch bis weit ins nächste Jahr hinein einfach so geräuschlos weiter regieren wie bisher, haben weder Scholz selbst noch Angela Merkel oder die (noch) amtierende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Mit einer gewissen Zwangsläufigkeit dürften Union und SPD das Trennende nun stärker betonen als das Verbindende, schließlich werden nur so Grenzen sichtbar, Positionen klarer und Wahlentscheidungen möglich. Eine gut gewürzte Suppe schmeckt allemal besser als der politische Einheitsbrei, den Union und SPD dem Land seit Jahren servieren.

    Die (noch) amtierende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer
    Die (noch) amtierende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer Foto: Tobias Koch, Bundeswehr/dpa

    Statt Großer Koalition: Ist Schwarz-Grün ein Selbstläufer? Oder rechnet sich eine Ampel?

    Ja, der Wahlkampf hat begonnen. Ja, er wird lange dauern und einen kräftigen Schuss Unberechenbarkeit enthalten, weil die Union eben nicht mit einer populären Regierungschefin antritt, sondern mit einem neuen Bewerber, wie immer der am Ende auch heißen mag. Ist Schwarz-Grün mit einem Kanzler Laschet, Merz oder Söder dennoch ein Selbstläufer? Ist Rot-Rot-Grün oder gar Grün-Rot-Rot tatsächlich eine Alternative, die auch eine lange Wahlperiode lang halten kann? Oder schält sich am Ende vielleicht eine ganz andere Konstellation heraus? Mit Scholz an der Spitze könnte auch eine Ampel aus SPD, Grünen und Liberalen funktionieren, dazu aber muss auch die FDP noch stark zulegen. Scholz wird eine solche Option nicht von vornherein ausschließen. Für die SPD-Linke allerdings wäre sie eine Zumutung.

    Lesen Sie dazu auch den Artikel: Olaf Scholz setzt CDU und Grüne unter Zugzwang

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