Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: NRW-Wahl: Kanzlerin Merkel hat sich verzockt

Kommentar

NRW-Wahl: Kanzlerin Merkel hat sich verzockt

    • |
    Angela Merkel.
    Angela Merkel.

    Die Schlagzahl wird immer schneller. Die Wähler lassen den Politikern keine Ruhepausen mehr. Auf eine politische Ära braucht sich niemand mehr einzustellen.

    Jürgen Rüttgers hat es bitter erfahren müssen. Sein triumphaler Wahlsieg vor fünf Jahren ist nichts mehr wert, seine schwarz-gelbe Regierung in Nordrhein-Westfalen ist abgewählt worden. Der große Arbeiterführer, als den er sich gerne sah, ist er wohl nie gewesen. Das war ein Missverständnis. 2005 hatte Rüttgers viele Stimmen von Arbeitern und Angestellten erhalten, weil diese gegen die Reformpolitik von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) protestieren wollten. Jetzt haben sie Rüttgers wieder den Rücken gekehrt - wohl nicht wegen dessen Regierungsarbeit in Düsseldorf, die passabel war, sondern weil die Wähler erneut gegen die Bundespolitik aufbegehrten, die dieses Mal von Rüttgers' politischen Farben verantwortet wurde.

    Wie Rüttgers hat jetzt auch Angela Merkel die Erfahrung machen müssen, dass die Wähler keine Blankoschecks mehr ausstellen. Die Bundeskanzlerin hat bereits im ersten Jahr nach der Bundestagswahl, die ihre Lieblingskoalition ans Ruder brachte, die schwarz-gelbe Mehrheit in der Länderkammer verloren. Damit kann sie ihre großen politischen Projekte nicht mehr konfliktfrei durchsetzen. Doppelt bitter für sie: Aus Rücksicht auf die NRW-Wahl hatte

    Mit Abwarten und Aussitzen wird Deutschland nicht mehr zu regieren sein. Was zu Zeiten Helmut Kohls noch funktioniert hat, ist im 21. Jahrhundert nicht mehr zielführend. Angela Merkel, die sich viel von Kohl abgeschaut hat, wird ihren Regierungsstil grundlegend ändern müssen, wenn sie über diese Legislaturperiode hinaus an führender Stelle im politischen Geschäft bleiben will.

    Die Träume von der schwarz-gelben Republik, die Unionsparteien und Liberale gemeinsam geträumt hatten, sind geplatzt - so wie zuvor schon die Träume von einer rot-grünen Epoche auf Bundesebene jäh zu Ende gegangen sind. Die Wähler in Deutschland lösen sich zunehmend von festen Bindungen an Parteien, sie wollen flexibel auf die politische Entwicklung reagieren und Entscheidungen rasch korrigieren. Aktuell nehmen viele Merkels Regierung übel, dass sie an unrealistischen Steuersenkungen festhält und ihre Position in der Griechenland-Hilfe über Nacht gewendet hat.

    Gleichzeitig wird Deutschland bunter. Neue Mitspieler sind im Geschäft. Die Linke, die noch von den anderen Parteien geächtet wird, hat sich jetzt endgültig auch im Westen durchgesetzt und wird auf mittlere Sicht wohl in Koalitionen eingebunden werden - selbst wenn es jetzt in Düsseldorf noch zu früh sein mag.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden