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Kommentar: Muss Frankreich jetzt in Syrien Krieg führen?

Kommentar

Muss Frankreich jetzt in Syrien Krieg führen?

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    Diese Jagdbomber des Typs Rafale setzt Frankreich im Kampf gegen den IS ein.
    Diese Jagdbomber des Typs Rafale setzt Frankreich im Kampf gegen den IS ein. Foto: Ecpad/dpa

    Präsident François Hollande hat noch in der Nacht der fürchterlichen Terroranschläge in Paris die Grundlage für eine harte Reaktion gelegt: „Das ist ein Kriegsakt, der von einer terroristischen Armee, dem IS, verübt wurde“, sagte er. Das heißt nichts anderes, als dass sich Frankreich im Krieg befindet und entsprechend reagieren wird.

    Die Franzosen sind in Fragen von Krieg und Frieden pragmatischer als die Deutschen, die ihnen wohl manchmal zimperlich vorkommen. Frankreich zögerte in den vergangenen Jahren weder in Libyen noch in Mali einzugreifen. Und im Irak fliegen französische Kampfbomber seit 2014 in Absprache mit den USA Luftangriffe auf die Terrormiliz IS. Seit knapp zwei Monaten tun sie dies auch in Syrien.

    Bombardierung Rakkas als demonstrativer Kraftakt

    Islamistische Anschläge von New York 2001 bis Paris 2015

    13. November 2015 - Frankreich Bei zeitlich abgestimmten Attacken in Paris werden mindestens 129 Menschen getötet und 352 weitere verletzt. Erstmals werden dabei in Frankreich Selbstmordattentäter eingesetzt. Auftakt zu den Anschlägen ist eine Explosion in der Nähe des Stadions Stade de France im Norden von Paris, in dem gerade ein Fußballspiel Deutschland-Frankreich stattfindet. Der IS bekennt sich zu den Anschlägen.

    12. November 2015 - Libanon In einer schiitischen Hochburg im Süden der libanesischen Hauptstadt Beirut werden bei einem Anschlag 44 Menschen getötet und 239 verletzt. Der IS bekennt sich zu dem Anschlag. Zwei Selbstmordattentäter sprengen sich in einer beliebten Einkaufsstraße in die Luft.

    31. Oktober 2015 - Ägypten Alle 224 Insassen eines russischen Airbus 321 kommen ums Leben, als die Maschine auf der Sinai-Halbinsel abstürzt. Der IS bekennt sich dazu, auf das Flugzeug einen Bombenanschlag verübt zu haben. Die USA und Großbritannien halten dies für glaubwürdig.

    10. Oktober 2015 - Türkei Bei einem Anschlag in der türkischen Hauptstadt Ankara werden 102 Menschen getötet und mehr als 500 verletzt. Zwei Selbstmordattentäter sprengten sich während einer Demonstration linker und prokurdischer Gruppen in die Luft. Die Staatsanwaltschaft macht den IS für das blutigste Attentat in der jüngeren Geschichte des Landes verantwortlich.

    2. April 2015 - Kenia Bei einem Attentat auf die Universität von Garissa in Kenia werden 148 Menschen getötet, darunter 142 Studenten. Die islamistischen Shebab-Rebellen, die mit Al-Kaida verknüpft sind, bezeichnen ihre Gewalttaten als Vergeltung für die Beteiligung der kenianischen Armee am Einsatz gegen die Miliz in Somalia.

    7. Januar 2015 - Frankreich Die Islamisten Chérif und Said Kouachi erschießen bei einem Anschlag auf die Satire-Zeitung »Charlie Hebdo» in Paris zwölf Menschen, darunter mehrere der bekanntesten Zeichner des für seine Mohammed-Karikaturen bekannten Blatts. Am 8. Januar erschießt ein Komplize der Kouachi-Brüder und Anhänger des IS im Süden von Paris eine Polizistin. Er bringt am 9. Januar in einem jüdischen Supermarkt in Paris zahlreiche Menschen in seine Gewalt und tötet vier von ihnen. Bei Polizeieinsätzen werden die Islamisten schließlich erschossen.

    21. September 2013 - Kenia Ein mit Sturmgewehren und Handgranaten bewaffnetes Kommando von Islamisten stürmt das vornehmste Einkaufszentrum der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Mindestens 67 Menschen werden getötet. Nach vier Tagen werden die Angreifer von Kenias Sicherheitskräften getötet.

    26. November 2008 - Indien Mehrere islamistische Gewalttäter überfallen in Mumbai Luxus-Hotels, einen Bahnhof, ein jüdisches Gemeindezentrum und mehrere Cafés. Da die Sicherheitskräfte die Lage lange nicht in den Griff bekommt, wird die City von Mumbai für 60 Stunden in eine Art Kriegsgebiet verwandelt. Die Attentäter töten insgesamt 166 Menschen. Der einzige Überlebende des Überfallkommandos, ein Mitglied der Islamistengruppe Lashkar-e-Taiba, wird 2012 hingerichtet.

    7. Juli 2005 - Großbritannien 56 Tote und 700 Verletzte durch vier abgestimmte Selbstmordattentate während der Rush-hour in drei U-Bahn-Zügen und einem Bus in London. Zu den Anschlägen bekennt sich eine Al-Kaida-Gruppierung.

    11. März 2004 - Spanien In der Hauptstadt Madrid und der Umgebung werden in vier Zügen rund zehn Bomben gezündet. Es gibt 191 Tote und fast 2000 Verletzte. Eine radikale Islamistengruppe bekennt sich im Namen von Al-Kaida zu den Anschlägen.

    12. Oktober 2002 - Indonesien Auf der Urlaubsinsel Bali werden bei einem Doppel-Anschlag auf ein Restaurant und eine Diskothek 202 Menschen getötet, vor allem Touristen.

    11. September 2001 - USA Vier Linienflugzeuge werden entführt, drei davon auf die Twin Towers des World Trade Centers in New York und das Pentagon in Washington gesteuert. Das vierte Flugzeug stürzt in Pennsylvania ab. Die Anschläge vom 11. September gehen mit rund 3000 Toten als die blutigsten Attentate in die Weltgeschichte ein. Al-Kaida übernimmt die Verantwortung.

    Wie kann eine weitere Verschärfung aussehen? Hollande hat jetzt die IS-Hochburg Rakka in Syrien bombardieren lassen. Es war ein demonstrativer Kraftakt. Denn Syrien-Kenner behaupten, die IS-Kämpfer hätten ihre inoffizielle Hauptstadt bereits vor Wochen verlassen. Angriffe aus der Luft können ohnehin eine Terroristenarmee wie den IS nicht vernichten.

    Militärisch sind die Dschihadisten nur zu besiegen, wenn Bodentruppen zur Verfügung stehen. Doch die Verbündeten – wie die kurdischen Volksverteidigungseinheiten PYG – sind zwar tapfer, aber zu schwach. Will Hollande jetzt im Alleingang französische Soldaten in das Pulverfass Syrien entsenden? Hoffentlich nicht. Das könnte in einem Desaster enden.

    Kampf mit nicht-militärischen Mitteln

    Der Kampf gegen den IS muss vielmehr auch mit nicht-militärischen Mitteln geführt werden. Dabei müssen wir Frankreich entschiedener als bisher helfen. Die Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgeschöpft.

    Ein Krieg gegen den Terror, wie ihn US-Präsident George W. Bush nach dem 11. September 2001 begann, kann auch das Gegenteil des Erhofften bewirken. So ist die Entstehung des IS eine Spätfolge des US-Einmarsches im Irak. So etwas darf sich nicht wiederholen.

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