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Kommentar: Münchner Sicherheitskonferenz: Die Unsicherheit der Mächtigen

Kommentar

Münchner Sicherheitskonferenz: Die Unsicherheit der Mächtigen

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    Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Mark Esper, Verteidigungsminister der USA, am ersten Tag der 56. Münchner Sicherheitskonferenz.
    Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Mark Esper, Verteidigungsminister der USA, am ersten Tag der 56. Münchner Sicherheitskonferenz. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Bei der Münchner Sicherheitskonferenz geht es immer um die ganz großen Themen: Krieg oder Frieden, Gewalt oder Diplomatie, bilateral oder doch multilateral? Aber so groß, so gewaltig wie in diesem Jahr haben die Konferenzmacher um Organisator Wolfgang Ischinger das größte aktuelle Problem noch nie in den Mittelpunkt gerückt: „Westlessness“ hieß das Motto der Konferenz – die Abwesenheit des „Westens“. Man könnte ergänzen: Die Krise des Westens.

    Ideologie ist nicht mehr die wichtigste Währung in politischen Debatten

    Denn dieser „Westen“ scheint immer häufiger abwesend zu sein – und damit die „westlichen Werte“, auf denen unsere internationale Ordnung viele Jahrzehnte basiert hatte: Gewaltenteilung, liberale Demokratie, Menschenrechte. Diese Abwesenheit des Westens, so die Diagnose von München, führt zu einer Lähmung bei internationalen Krisen etwa in Syrien oder Libyen. Sie blockiert Antworten auf globale Probleme wie den Klimawandel oder weltweite Herausforderungen wie die wachsende Ungleichheit und die Krise des Kapitalismus.

    Die Gründe für diese Schwächung des Westens liegen allerdings in Trends begründet, die westliche Gesellschaften genauso unterminieren wie andere. Viele kluge Denker haben Erklärungen dazu auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgetragen. Daher erhebt dieser Autor keinen Anspruch auf besondere Originalität, sondern bemüht sich um eine Zusammenfassung dieser wichtigsten Entwicklungen:

    Erstens: Ideologie ist nicht mehr die wichtigste Währung in politischen Debatten. An ihre Stelle ist der Streit um Identität getreten, sehr deutlich etwa in den Debatten zur Flüchtlingspolitik – und natürlich in der immer noch wichtigsten Demokratie der Welt, den USA, wo Präsident Donald Trump diesen Streit offen befeuert.

    Zweitens: Die verbindende, auch vermittelnde Rolle traditioneller Institutionen bröckelt weltweit, seien es Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, oder auch Medien und die „Zivilgesellschaft“.

    Drittens: Moderne Technologie und Digitalisierung wurden lange als Wundermittel für mehr Demokratie angesehen, man erwartete davon etwa ein offeneres China und auch mehr Austausch im Westen. Es klang ja durchaus glaubhaft, wenn Facebook-Chef Mark Zuckerberg als Gast in München von seinem ursprünglichen Wunsch berichtete, einfach Freunde miteinander zu vernetzen. Aber heute ist Facebook eben auch der wichtigste Marktplatz für Verschwörungstheorien und Fehlinformation. China ist dabei, einen Überwachungsstaat mit modernster Technologie aufzubauen. Und die digitale Veränderung erschüttert und verunsichert Arbeitnehmer weltweit.

    Viertens: Oft wird den Wählern populistischer Parteien Ignoranz vorgehalten. Aber sie haben eine gute Nase für Eliten und Mächtige, die ihnen dies vorhalten, aber zugleich selber mächtige Fehler begangen haben. In den USA führten etwa der Irakkrieg und die Weltfinanzkrise – in der die Wall Street zockte und gerettet wurde, viele normale Sparer aber nicht – zu Frust und Hass. In den Debatten über Deutschland fielen oft die Stichworte „Euro-Krise“ und „Flüchtlingspolitik“.

    All das zusammen führt zu einem Paradox. Die Globalisierung rückt uns alle immer enger zusammen. Doch gleichzeitig wachsen die Gräben durch die Globalisierung stetig – auch weil die globalen Probleme so unübersichtlich geworden sind, dass viele Mächtige davor zurück schrecken, sich globaler Probleme anzugehen. Das ist die ernüchternde Botschaft von München. Die Analyse ist klar, die Antwort leider gar nicht.

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