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Kommentar: Mit leeren Worten lässt sich das Klima nicht retten

Kommentar

Mit leeren Worten lässt sich das Klima nicht retten

Margit Hufnagel
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    Das Polareis schmilzt, die Eisbären müssen bei der Nahrungssuche notgedrungen immer näher an menschliche Siedlungen heranrücken.
    Das Polareis schmilzt, die Eisbären müssen bei der Nahrungssuche notgedrungen immer näher an menschliche Siedlungen heranrücken. Foto: David Goldman, dpa

    Die Welt fühlt sich erschöpft an in diesen Tagen. Die Corona-Pandemie kehrt mit voller Wucht zurück, die steigenden Zahlen deuten darauf hin, dass wir bald in unser drittes Jahr mit dem Virus gehen werden. Gleichzeitig sorgt die sich immer schneller drehende Preisspirale nicht nur bei der Energie, sondern auch bei ganz alltäglichen Produkten dafür, dass andere Krisen in den Hintergrund rücken. Klar, seit die Fridays-for-Future-Proteste das Thema Klimawandel auf die Straße gebracht haben, wird viel darüber diskutiert, viel beteuert. Doch spätestens mit der Corona-Krise zeigte sich, dass es der Politik nicht gelingt, langfristige Konzepte zu entwerfen, die über eine akute Behandlung von Problemen hinaus geht.

    Viele Experten sehen die Klimakonferenz als letzte Chance

    „We build back better“ war das Motto von US-Präsident Biden bei seiner Amtsübernahme, „wir bauen etwas besseres wieder auf“, – das hätten sich auch die führenden Länder dieser Welt vornehmen können. Doch die Chance wurde gerade mit Blick auf den Klimawandel verpasst. Dabei werden die Warnungen der Wissenschaftler lauter, drängender. Die Klimakonferenz, die an diesem Wochenende in Schottland beginnt, sehen viele als letzte Möglichkeit, ehe die Welt wirklich in eine Art Notfallmodus schalten muss. Es geht nicht, dass sich die Entscheidungsträger länger auf dem Pariser Klimavertrag ausruhen. Ja, er war ein Meilenstein: Zum ersten Mal gab es das internationale Bekenntnis, die durchschnittliche Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu beschränken. Doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen leider weit auseinander.

    Der Klimagipfel in Glasgow muss deshalb vor allem eines schaffen: Er muss eine psychologische Trendwende bringen. Und das wird vor allem die Aufgabe der großen Player China und USA sein. Sie bestimmen, wie schnell es vorangeht, sie bestimmen, ob alle anderen mit der Ausrede „was sollen wir allein schon ausrichten“ weiter durchkommen werden. Leider blockieren sich die Großmächte gerade gegenseitig, sind Gefangene ihrer eigenen Politik. Joe Biden wird von der eigenen Partei ausgebremst, sein Reformpaket dreht eine Warteschleife nach der anderen. China erlebt eine schwere Energiekrise mit stundenlangen Stromausfällen. Die Lehre daraus könnte sein, dass das Land unabhängiger von Kohle werden muss. Es ist nur leider zu erwarten, dass die Regierung die Umweltziele als Reaktion darauf noch stärker in den Hintergrund rückt.

    Das einfache Stück des Weges liegt hinter uns

    Doch egal wie dieser Weltklimagipfel verlaufen wird: Für Deutschland muss die Konsequenz sein, mehr Mut zu entwickeln. Und den wird es brauchen. Der Weg, den wir vor uns haben, wird steiniger. Wo es früher gereicht hat, alte Kraftwerke abzuschalten und FCKW oder verbleites Benzin zu verbannen, geht es nun darum, tief in den Alltag einzugreifen. Und dazu gehört auch, den Menschen ehrlich zu sagen, dass es Klimapolitik nicht umsonst gibt.

    Selbst die Grünen haben im Wahlkampf versucht, ihren Wählerinnen und Wählern weiszumachen, Klimaschutz bedeute keineswegs Verzicht. Auch die FDP setzt voll darauf, dass der technische Fortschritt unsere Probleme lösen und uns vor Härten bewahren wird. Nur: Wahrscheinlich ist das nicht, soviel Ehrlichkeit muss sein. Der nächsten Regierung steht damit eine echte Herkulesaufgabe bevor. Es macht keinen Sinn, echte Umweltpolitik weiter in die Zukunft zu verschieben und sich heute damit zu begnügen, wohlklingende Ziele zu formulieren. Der Weg an dieses Ziel ist das Entscheidende. Und wenn die CO2-Kurven steil nach oben wachsen, ist es wohl an der Zeit, endlich eine konkrete Schrittfolge zu entwerfen.

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