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Kommentar: Merkel macht es sich im Syrien-Konflikt zu einfach

Kommentar

Merkel macht es sich im Syrien-Konflikt zu einfach

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    Rauch steigt nach dem Einschlag einer Rakete der syrischen Armee über Duma auf.
    Rauch steigt nach dem Einschlag einer Rakete der syrischen Armee über Duma auf. Foto: Ammar Safarjalani, XinHua, dpa (Archivbild)

    Wer sagt, Angela Merkel scheue Festlegungen? Geht es um möglichen Militärbeistand für enge Verbündete, um Schläge gegen einen Diktator, gibt sie die eiserne Kanzlerin.

    Deutschland werde sich auf keinen Fall an denkbaren Militärschlägen in Syrien beteiligen, verkündete Merkel am Donnerstag – wohlgemerkt unaufgefordert, denn von einem Ersuchen derartiger Hilfe aus Washington oder Paris ist bislang nichts bekannt.

    Der Satz ist, man kann es nicht anders nennen, eine politische Unverfrorenheit. Denn Merkel gelingt es, mit ihrer spitzen Bemerkung schon den Gedanken an solche Militärschläge als eine ganz üble Idee erscheinen zu lassen, als ein von Donald Trump offensichtlich aus innenpolitischen Gründen inszeniertes Manöver, an dem sich Deutschland um Himmels willen niemals beteiligen solle.

    Warum eine deutsche Beteiligung ausgeschlossen ist

    Damit mag sie sogar recht haben, denn Trump zielt vor allem darauf ab, es jemandem zu zeigen. Vielleicht nicht einmal unbedingt seinen Wählern, die ihn kaum für außenpolitische Abenteuer gewählt haben. Aber schon dem Rest der Welt, der sehen soll, dass er eben über die smarteren Raketen verfügt und sowieso immer am dickeren Knopf sitzt. Dass jede Art von Luftschlägen ebenso wenig den furchtbarsten Konflikt der Neuzeit befrieden wird wie Trumps wütende Tweets, ist unter Militärexperten ebenfalls weitgehend unbestritten.

    Unverfroren ist Merkels Manöver trotzdem, weil sie mindestens genauso innenpolitisch denkt wie Trump. Ihre instinktive Ablehnung jeder Beteiligung folgt einem klaren politischen Instinkt: dass so viel Distanz zu Trump wie möglich die beste Position für sie ist. Natürlich wissen die Auguren im Kanzleramt ganz genau, wie unpopulär der Gedanke wäre, an seiner Seite in einen – wie auch immer gerechtfertigten – Krieg zu ziehen. Ohnehin leidet Merkel noch immer unter dem Trauma, einst den Irak-Krieg unterstützt zu haben. Seither ist sie nur noch vorne an der Front zu finden, wenn diese ganz klar diplomatisch abgesteckt ist, wie in der Ukraine-Krise.

    Geht uns Syrien wirklich gar nichts an?

    Eine Bundeskanzlerin sollte aber nicht nur unverfroren innenpolitisch, sondern auch weltpolitisch denken. Dazu würde gehören, zwar keinen Blankoscheck für blutige Abenteuer zu erteilen – aber doch eine Tür offenzulassen, wie Deutschland eine Rolle spielen kann, um diese aus den Fugen geratene Welt wieder etwas ins Lot zu rücken. Merkel hätte etwa sagen können: Wir glauben auch nicht, dass Raketen die syrische Tragödie beenden, vor allem wenn diese noch Russland weiter reizen.

    Aber sie hätte zugleich hinzufügen können: Wir stehen offenbar vor einem Scherbenhaufen in Syrien, nun müssen wir gemeinsam einen neuen europäischen Plan entwerfen – aus menschlichem Anstand, aber auch weil wir die Folgen des Konflikts und seiner Fluchtbewegungen jeden Tag spüren.

    Ob das Assad oder Trump beeindruckt hätte, ist zweitrangig. Der eine ist ein blutrünstiger Diktator, der andere ohnehin unberechenbar. Aber andere hätten diese Sätze genau gehört, etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Der ringt mit sich, ob er Assads Gas mit Raketen beantworten soll.

    Ihn hat Merkel schon hingehalten, als es um die Reform der Eurozone ging. Macron nun indirekt als möglichen außenpolitischen Hasardeur darzustellen, verletzt diesen zusätzlich.

    Wohlgemerkt: Es gibt keinen Masterplan für Syrien. Trump hat bestimmt keinen. Aber wer wie Merkel erst erklärt, Giftgasangriffe seien inakzeptabel – und dann als Hauptbotschaft verkündet, Deutschland ginge das alles nichts an, hat offensichtlich gar keinen Plan.

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