Gerade wir Deutschen können es uns im Verhältnis zu Russland niemals leicht machen. Wir haben diesem Land und seinen Menschen Ungeheures angetan. Wir haben eine Verantwortung, es immer wieder zu versuchen, Russland einzubinden, seine Sensibilitäten zu verstehen, seine Nähe zu suchen.
Putin ist kein Partner mehr - und Merkel will nicht mehr diplomatisch sein
Kanzlerin Angela Merkel ist in diesem Verhältnis sozusagen der Fleisch gewordene Spagat. Sie spricht Russisch, sie schätzt und kennt Land und Kultur. Sie hat immer wieder versucht, Brücken zu bauen, selbst als diese längst abgerissen schienen. Sie hat zu vielem geschwiegen.
Nun hat die Kanzlerin, nach dem Giftanschlag auf den Putin-Kritiker Alexej Nawalny, ungewöhnlich klar signalisiert: So geht es nicht mehr weiter. Merkel hat das Anschlagsopfer in eine deutsche Klinik geholt, sie spricht offen von einem „versuchten Giftmord“.
Und ihr Außenminister fordert sogar, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, selbst wenn dies Ermittlungen bis in höchste russische Regierungskreise nach sich ziehen könnte. Wir erleben zweierlei: eine Kanzlerin, die in der Spätphase ihrer politischen Karriere nicht mehr diplomatisch sein will – und der offene Frust darüber, wie unangreifbar sich Putin wähnt.
Um Macht und Vermögen zu schützen, ist Putin jedes Mittel recht
Beides ist höchst verständlich. Denn der Gedanke, man könne Wladimir Putin zum Partner zu machen, ist mittlerweile absurd. Putin denkt nicht zuerst an die Russen und sein Land, er denkt zuerst an sich und seinen engsten Machtzirkel.
Macht und Vermögen zu schützen, dafür ist ihm buchstäblich jedes Mittel recht. So jemand kann nicht Partner sein. Es wäre übrigens überfällig, dass auch Gerhard Schröder dies einsieht.
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