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Kommentar: Laschets "Brückenlockdown" ist eine ganz schlechte Idee

Kommentar

Laschets "Brückenlockdown" ist eine ganz schlechte Idee

Stefan Lange
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    Armin Laschet hatte vorgeschlagen, im Kampf gegen die dritte Corona-Welle einen "Brückenlockdown" zu beschließen.
    Armin Laschet hatte vorgeschlagen, im Kampf gegen die dritte Corona-Welle einen "Brückenlockdown" zu beschließen. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Wenn Politiker in sich gehen und in Ruhe über ein Thema nachdenken, kann Erstaunliches dabei herauskommen. Bei Armin Laschet war es der "Brückenlockdown", den der CDU-Vorsitzende dem Corona-gebeutelten Volk quasi als verspätete Überraschung ins Osternest legte. Was genau unter einem "Brückenlockdown" zu verstehen ist, konnte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident nicht erklären, aber das war ihm wohl auch gar nicht wichtig. Am vergleichsweise nachrichtenarmen Feiertag schlug Laschets Wortspielerei sofort ein und bestimmte die Debatte. Genau das ist es allerdings, was in der angespannten Pandemielage gerade kein Mensch braucht: Spontane, unausgegorene Ideen, die mal eben so unter die Leute gebracht werden.

    Was Laschet meint, bleibt unklar

    Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Was Helmut Schmidt einst über seinen SPD-Parteifreund Willy Brandt sagte, gilt auch für Laschets Vorstoß. Wenn es schon ein bestimmtes Bild sein muss, wenn es um einen Vorstoß bei einem so dominierenden Thema wie Corona geht, dann muss alles zusammen stimmig sein. Was will Laschet mit seiner "Brücke" verbinden? Soll sie den Weg ans rettende Ufer weisen? Wohl kaum, denn aus Laschets Äußerungen lässt sich zumindest herauslesen, dass er an einen zwei- bis dreiwöchigen Lockdown denkt. Folgt man den Experten und nimmt weiter an, dass es Rettung vor Corona nur mit genügend Impfungen gibt, dann wird die Unsinnigkeit seines Vorschlags deutlich. Es werden noch viele Wochen vergehen, bis die Herdenimmunität hergestellt ist. Laschets Brücke müsste so lang sein, dass sie konstruktionsbedingt in der Mitte auseinanderbrechen würde.

    Nicht tragfähig ist auch Laschets Vorschlag, das Treffen der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel vorzuziehen. Diese Runde, fälschlicherweise oft als Ministerpräsidentenkonferenz bezeichnet, braucht einen zeitlichen Vorlauf. Bund und Länder müssen sich eng abstimmen, damit nicht noch einmal ein Kommunikations-Desaster wie beim letzten Mal passiert, als Merkel nach einer Marathonsitzung erst eine Osterruhe verkündete und diese dann wieder einkassieren musste. Das Treffen soll ohnehin in der nächsten Woche stattfinden, ein Vorziehen um wenige Tage brächte im Corona-Kampf keinen Gewinn. Denn das gehört auch zur Wahrheit: Die Zahl der Neuinfektionen steigt, die Belastung in den Krankenhäusern ebenfalls, und das alles muss Anlass zu höchster Wachsamkeit sein. Aber die dritte Welle ist zum Glück noch nicht mit der Wucht über Deutschland hereingebrochen, wie es Merkel und andere Spitzenpolitiker seit Tagen vorhersagen. Grund zu weiteren Maßnahmen besteht, zur übertriebenen Eile aber nicht.

    Laschet erscheint in der Öffentlichkeit immer unsicherer

    Vom Ministerpräsidenten Laschet kann zudem erwartet werden, dass er einen solch medienwirksam platzierten Vorstoß wie den "Brückenlockdown" mindestens mit den Länderchefs der Union vorher abspricht. Und der CDU-Vorsitzende Laschet hätte zum Hörer greifen und die SPD-Spitze informieren müssen. Eine Brücke, über die alle beteiligten Spitzenpolitiker hätten gehen können, um sich im Kampf gegen Corona zu vereinen, das hätte Sinn gemacht. So aber herrscht Unsicherheit, die Opposition ergießt sich in Kritik – es ist genau der politische Streit, den die Bürgerinnen und Bürger so satt haben.

    Am Ende entlarvt sich Laschets Vorstoß als Brückenkopf, den er im Kampf um die Kanzlerschaft positioniert hat. Der Aachener hat sich offenbar doch CDU-Mitglieder wollen Söder statt Laschet als KanzlerkandidatUmfragevon den Umfragen nervös machen lassen, die ihn nach hinten durchreichen und den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder vorne sehen. Ausgerechnet Laschet, der mehrfach betont hat, die Corona-Krise dürfe kein parteipolitische Spielfeld sein. Sein Vorschlag hat ihn, um im Bild zu bleiben, dem rettenden Ufer nicht nähergebracht.

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