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Kommentar: Krebsheilung: Jens Spahn glaubt selbst nicht, was er da sagt

Kommentar

Krebsheilung: Jens Spahn glaubt selbst nicht, was er da sagt

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    Jens Spahn hat in Aussicht gestellt, dass man Krebs in wenigen Jahrzehnten schon besiegen könne. Das ist aber illusorisch.
    Jens Spahn hat in Aussicht gestellt, dass man Krebs in wenigen Jahrzehnten schon besiegen könne. Das ist aber illusorisch. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Was hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dazu geritten, öffentlich einen solchen Blödsinn zu erzählen? In zehn bis 20 Jahren werde möglicherweise der Krebs besiegt sein, hatte der Unionspolitiker verbreitet. Man kann das nur als einen weiteren Versuch des 38-jährigen Münsterländers werten, sich mit aller Gewalt im Bewusstsein der Menschen dieses Landes festzusetzen, um seine Karriere zu fördern. Denn das, was er da behauptet hat, glaubt er sicherlich selbst nicht.

    Jens Spahns Aussagen zur Krebsheilung: Manches klingt nach Science Fiction

    Der Krebs ist schließlich nicht eine Krankheit, sondern eher ein Überbegriff für über 200 Formen von Entartungen des Körpergewebes. Und es ist völlig illusorisch, zu glauben, dass man irgendwann ein bestimmtes Mittel entdeckt, das den Krebs heilen kann.

    Was theoretisch denkbar ist: Dereinst wird die Wissenschaft in der Lage sein, derart viele, winzige, nichtsdestotrotz effektive Miniroboter in einen Krebskranken zu schleusen, dass diese auch einem metastasierten Tumorgeschehen, sofern es nicht schon zu weit fortgeschritten ist, den Garaus machen können. Ansätze dazu gibt es zwar jetzt schon. Dennoch ist eine solche Idee bislang Science Fiction. Und eine Realisierung wohl eher im Jahr 2100 oder 2150 – als 2050 zu verorten.

    Bis dahin wird sich die Krebsmedizin vermutlich mühsam wie das Eichhörnchen von winzigen Fortschritten ernähren müssen. Da werden Medikamente zugelassen, die ein irres Geld kosten und an denen natürlich die Hoffnung von so manchem Patienten hängt. Experten wissen aber, dass viele Mittel oftmals nur wenige Monate mehr Lebenszeit bringen. Ein dickes Geschäft, bei dem man in diesem Zeitfenster zehntausende Euro abschöpft, die die Beitragszahler aufbringen müssen. Dennoch sollten Krebserkrankte diese Mittel natürlich bekommen können.

    Auch entspricht Spahns Einschätzung keineswegs der Lebenswirklichkeit, die man doch im Umfeld oft erfährt. Immer wieder werden vor allem relativ junge Menschen binnen weniger Monate auf tragische Weise ihres Lebens beraubt. Nein, der Krebs ist noch längst nicht besiegt.

    Warum die Niederlande ein Vorbild in Sachen Krebshilfe sind

    Viel wichtiger wäre es deshalb, an einer Stelle tätig zu werden, bei der der Mensch starken Einfluss geltend machen kann. Der Tod ist unvermeidbar, beeinflussbar sind aber die Umstände, wie ein Mensch sterben muss. Ein todkrankes Haustier darf vom Veterinär erlöst werden. In Deutschland herrscht in dieser Sache noch immer viel Unklarheit. Bei Patienten. Auch bei Ärzten. Warum kann man sich hier nicht jene Praxis aneignen, die in unseren drei Beneluxnachbarländern herrscht?

    Die Niederlande etwa ermöglichen es Menschen, daheim, im Kreise ihrer Angehörigen und von der Hand ihres Hausarztes zu sterben – wenn sie es wollen. Klare Verfahren regeln, dass dabei kein Missbrauch stattfindet. Seit 2001 funktioniert diese Praxis dort. Warum ist das hier nicht möglich? Natürlich – es gibt beispielsweise religiöse Bedenkenträger.

    Für viele Menschen in Deutschland aber ist Religion heute gegenstandslos – sie sind Atheisten oder glauben auf andere, nicht amtskirchliche Weise. Sie sehen ihren Tod als ihre rein individuelle Angelegenheit an, in die sich niemand einzumischen hat.

    Der Katholik Jens Spahn mischt sich trotzdem ein. Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2017 entschieden, dass sich sterbewillige Todkranke Betäubungsmittel besorgen können müssen, mit denen ein sanftes Sterben möglich ist. Spahn aber wies seine Behörden an, dieses Urteil zu ignorieren und die Anträge der Schwerstkranken generell abzulehnen.

    Irgendwie doch ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen. Das hat etwas unfassbar Unverfrorenes.

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