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Kommentar: Könnte ein Mann wie Trump auch in Deutschland an die Spitze gelangen?

Kommentar

Könnte ein Mann wie Trump auch in Deutschland an die Spitze gelangen?

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    Donald Trump wird der 45. Präsident der USA.
    Donald Trump wird der 45. Präsident der USA. Foto: Erik S. Lesser, dpa

    Könnte ein Mann wie Donald Trump auch in Deutschland an die Spitze gelangen – ein Abenteurer also, der den Umsturz predigt und den Wahlkampf mit simplen Parolen und niederträchtigen Attacken auf Andersdenkende und Minderheiten führt?

    Auf den ersten Blick: Nein. So ein Typ hätte hier keine Chance. Nicht nur wegen seiner Entgleisungen. Unser Parteiensystem wirkt gefestigter; die politische Mitte ist stabiler und breiter. Und gerade die Deutschen wissen, welche Gefahren der Demokratie durch den Aufstieg autoritärer Führungsfiguren drohen.

    Auf den zweiten Blick zeigt sich: Wir sollten uns nicht zu sicher wähnen. Es gibt zwar keinen Grund, nun in Alarmismus zu verfallen oder gar die Gefahr einer Zerstörung der westlichen Werteordnung an die Wand zu malen. Aber Trumps Sieg ist ein Warnsignal, dass die liberale, pluralistische Demokratie keine Ewigkeitsgarantie besitzt. Sie muss stets aufs Neue verteidigt und so gestaltet werden, dass sie das Vertrauen der Menschen behält. Geschieht dies nicht, wird populistischen „Bewegungen“ auch in scheinbar gefestigten Demokratien ein fruchtbarer Boden bereitet.

    Es gärt in der Gesellschaft

    In ganz Europa sind rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien auf dem Vormarsch, und der Aufstieg ihres Gesinnungsfreundes Trump zum Präsidenten der Supermacht USA verschafft ihnen Rückenwind. In Frankreich greift Marine le Pen nach der Macht, was einer tödlichen Gefahr für die zerstrittene, durch den „Brexit“ geschwächte EU gleichkommt. In Deutschland ist die AfD, die rechts von der Mitte Millionen von Menschen anzieht, vor dem Sprung in den Bundestag.

    Der Sieg des Putin-Verstehers Trump, der die transatlantische Gemeinschaft und damit sowohl das gemeinsame Wertefundament des Westens als auch Europas Sicherheit infrage stellt, ist auch amerikanischen Verhältnissen wie dem rasanten Niedergang der Mittelschicht geschuldet.

    Doch es gärt in allen westlichen Gesellschaften. Überall hat sich viel Verdruss aufgestaut, der sich in einer Revolte gegen das „System“ und gegen die politischen und wirtschaftlichen Eliten Bahn bricht. Viele der sogenannten kleinen Leute fühlen sich zurückgelassen und abgehängt. Es ist nicht die Angst vor wirtschaftlichem Abstieg und Jobverlust allein, die den Populisten Zulauf beschert. Hinzu kommen die Angst vor Überfremdung durch massive Einwanderung und das Unbehagen an dem rasanten soziokulturellen Wandel, der mit einer Verächtlichmachung traditioneller Lebensformen durch linksliberale, privilegierte Eliten einhergeht.

    Aus all dem – und dem Misstrauen in das „Establishment“ und die Institutionen – rührt der Erfolg der Populisten her. Die Sehnsucht nach dem starken Mann, der „aufräumt“ und mit nationaler Abschottung das Tempo der Globalisierung drosselt, tut das Übrige. Die Demokratie ist noch nicht in Gefahr. Doch unsere Politiker sollten anfangen, das Problem ernst zu nehmen.

    Wähler sollten nicht beschimpft werden

    Törichte und falsche Wählerbeschimpfung nach der Art, es stimmten ja nur deklassierte, ausländerfeindliche und nicht hinreichend „aufgeklärte“ Leute für die Populisten, hilft so wenig weiter wie der Irrglaube, der Proteststurm lasse sich mit einem noch ausgabefreudigeren Sozialstaat abwehren. Zu stoppen sind die Populisten nur, wenn die Politik Probleme löst, Glaubwürdigkeit zurückgewinnt und dafür sorgt, dass es gerechter zugeht.

    Und die Menschen brauchen das Gefühl, mit ihren Sorgen ernst genommen zu werden. Die gegen eine große Mehrheit betriebene, das Land spaltende Flüchtlingspolitik Merkels war ein Paradebeispiel für die Missachtung der realen Stimmung im Volk – und eine Steilvorlage für die Populisten, die damit erst stark gemacht wurden.

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