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Kommentar: Jede Woche ein neuer Eklat. Wer bremst Erdogan?

Kommentar

Jede Woche ein neuer Eklat. Wer bremst Erdogan?

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    Provoziert Deutschland immer wieder: der türkische Staatspräsident Erdogan.
    Provoziert Deutschland immer wieder: der türkische Staatspräsident Erdogan. Foto: Burhan Ozbilici/AP/dpa (Archiv)

    Sein letzter Nazi-Vergleich ist zwar schon zwei Wochen alt, altersmilde aber wird Recep Tayyip Erdogan deswegen nicht. Nach zwei Journalisten hat der türkische Präsident nun auch noch einen Menschenrechtler aus Deutschland in Untersuchungshaft stecken lassen und Abgeordneten des Bundestages einmal mehr den Besuch auf einer Militärbasis verwehrt, auf der auch Soldaten der Bundeswehr stationiert sind. Dass Außenminister Sigmar Gabriel deshalb seinen Urlaub unterbrochen und den türkischen Botschafter einbestellt hat, wird den Egomanen aus Ankara allerdings kaum beeindrucken. Auf dessen Politik der fortgesetzten Provokationen muss die Bundesregierung eine deutlich schärfere Antwort finden. Eine, die wehtut.

    Wann immer Erdogan Deutschland reizt – mal mit Worten, mal mit Taten –, die Reflexe sind stets die gleichen: Entrüstete Kommentare, flammende Appelle, doch wieder auf den Boden von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zurückzukehren, der Ruf nach Konsequenzen, die dann allerdings niemand zieht. Weil sie ihr Flüchtlingsabkommen mit der Türkei nicht gefährden will, scheut die Kanzlerin den offenen Konflikt mit Erdogan. Und je länger sie zögert und zaudert, umso stärker fühlt er sich.

    Nur weil sie Flüchtlinge aus Europa zurücknimmt, ist die Türkei nicht sakrosankt

    Seine Pöbeleien und immer gleichen Nazi-Parolen kann Angela Merkel noch als politische Geschmacklosigkeit an sich abprallen lassen. Das ist, vor allem, ihre Sache. Wenn in der Türkei jedoch deutsche Staatsbürger unter fadenscheinigsten Vorwürfen verhaftet und weggesperrt werden, darf die Bundesregierung es nicht beim Einbestellen des Botschafters und einer harschen Protestnote bewenden lassen, dann muss sie die Daumenschrauben fester anziehen.

    Möglichkeiten dazu hat sie sehr wohl: Sie könnte, zum Beispiel, die Einreise von türkischen Geschäftsleuten oder Staatsbediensteten mithilfe der privilegierten grünen Pässe deutlich restriktiver handhaben. Sie könnte die Waffenlieferungen an die türkische Armee stoppen oder darauf drängen, dass die Finanzhilfen eingefroren werden, mit denen die EU Beitrittskandidaten unterstützt – alleine im Fall der Türkei sind das mehr als vier Milliarden Euro bis zum Jahr 2020. Auch die geplante Ausweitung der Zollunion, die die Türkei beim Handel mit Agrarprodukten oder im Geschäft mit Dienstleistungen faktisch mit den

    Die Festnahme von Deniz Yücel war eine Zäsur

    Sanktionen, die nicht schmerzen, sind keine

    Der Abzug der Bundeswehr aus dem Stützpunkt Incirlik und das Auftrittsverbot am Rande des Hamburger G20-Gipfels waren zwei Signale an Erdogan, dass Deutschland ihm nicht mehr alles durchgehen lässt – zu schwach, um ihn zu bremsen, aber immerhin ein erster Schritt. Nun kommt es darauf an, dass Europa sich auf ein möglichst abgestimmtes Vorgehen gegen ihn einigt, zum Beispiel bei der Zollunion. Eines nämlich vergisst der selbst ernannte Sultan am Bosporus gerne: Rein ökonomisch betrachtet braucht die Türkei

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