Sondierungsgespräche unterliegen, das gilt auch für Koalitionsverhandlungen, keinen festen Regeln. Nirgendwo steht geschrieben, wie sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verhalten sollen. Nach den schlechten Erfahrungen der Parteien bei den Sondierungen 2017 und 2013 haben sich FDP, Grüne, SPD und Union diesmal aber auf die Parteifahnen geschrieben, dass sie sich zurücknehmen wollen. Keine Durchstechereien, keine Interna aus den Gesprächen, keine Verhandlungsdetails – nichts soll nach außen dringen, um den Fortgang der Gespräche nicht unnötig zu belasten. Soweit die Theorie.
Regelbruch bei Sondierungsgesprächen schadet der Annäherung
Aus den Gesprächen zwischen Union und FDP ist nun doch etwas nach draußen gedrungen. Rein inhaltlich wäre das angesichts der langweiligen Details kein Problem. Die Union soll die Grünen ins Jamaika-Boot ziehen? Ja bitteschön, wer denn sonst? In den beiden zur Auswahl stehenden Dreier-Konstellationen sind es natürlich die großen Partner, die den kleinen Parteien Angebote machen müssen.
Das Problem ist vielmehr, dass sich irgendjemand nicht an die Regeln gehalten hat. Das ist erstens kein feiner Zug und zweitens bedenklich mit Blick auf den Fortgang der Gespräche. Sondierungen dienen der ersten Annäherung. Wenn da jetzt schon geplaudert wird, obwohl es eigentlich nicht viel zu berichten gibt, was kommt dann erst in den Koalitionsverhandlungen? Da geht es schließlich um weit mehr, nämlich um konkrete Inhalte und ums Personal.
Spannend ist der aktuelle Fall noch aus einem anderen Grund. Nach dem entsprechenden Bericht der Bild-Zeitung ging die Öffentlichkeit mehrheitlich sofort davon aus, dass der Spitzel aus den Reihen der Union kommt. Da sei einer, der wolle dem Spitzenkandidaten Armin Laschet (CDU) schaden, hieß es. Dabei ist der einzige Beleg für diese Annahme die Twitter-Nachricht von FDP-Parteivize Johannes Vogel. Er warf der Union einen Bruch der vereinbarten Vertraulichkeit vor, mehr ist darüber hinaus nicht bekannt. Wären die Sondierungen ein Krimi, könnte man von einer reichlich dünnen Beweislage sprechen. Womöglich auch vom Legen einer falschen Fährte. So oder so – beste Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Regierungsbildung sind das gerade nicht.