Der Frühling kommt, die Natur erwacht, die Biergärten füllen sich, Schüler feiern im Park, Gedränge auf dem Münchner Viktualienmarkt, Schlangen an Eisdielen. Es wäre so großartig, wenn es nicht so dumm wäre. Zu viele Menschen ignorieren die Appelle von Wissenschaftlern, die Vorgaben der Regierung und die Sonderseiten mit Todesanzeigen in italienischen Zeitungen. Manche wollen sich partout nicht vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben. Manche sind naiv. Manche gefallen sich darin, der vermeintlichen Hysterie zu widerstehen. Alle gefährden damit Menschenleben.
Sie stürzen sich ins Leben und feiern "Corona-Ferien"
Neben der großen Solidarität mit denen, für die Corona tödlich sein kann, erleben wir in diesen Tagen leider auch ein Phänomen, das ein Kollege ziemlich treffend als Wohlstandstrotz bezeichnet hat. In dem Gefühl, dass ihnen selbst das Virus nichts anhaben kann, zelebrieren vor allem jüngere Menschen die "Coronaferien", stürzen sich ins Leben – und andere in Lebensgefahr. Es ist ja richtig, dass der Alltag weitergehen muss. Und natürlich wäre es Quatsch, sich bei diesem Wetter zu Hause zu verbarrikadieren. Frische Luft tut nicht nur der Seele gut, sondern stärkt auch die Abwehrkräfte. Aber da draußen ist genug Platz für alle.
Ist es denn wirklich zu viel verlangt, größeren Menschenmengen aus dem Weg zu gehen? Ist es denn ernsthaft so schwer zu verstehen, dass gerade die Starken und Gesunden den Schwachen und Kranken schon damit helfen können, das sie das Virus nicht weiterverbreiten?
In der Corona-Krise brauchen die Alten Solidarität
Wenn es um Klimawandel oder Staatsverschuldung geht, werfen die Jungen den Alten oft Ignoranz vor. Sie fragen zurecht: Wer denkt dabei eigentlich an uns, an die künftigen Generationen? In der Corona-Krise sind es nun die Alten, die auf Solidarität angewiesen sind. Eine Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn die Mehrheit der Versuchung widersteht, "Nach mir die Sintflut" zum persönlichen Lebensmotto zu machen.
Eine gewisse Skepsis gegenüber einem Staat, der besser zu wissen glaubt, was für seine Bürger gut ist als sie selbst, ist vollkommen in Ordnung. Die Corona-Krise ist eine nie dagewesene Herausforderung für unsere freie Gesellschaft. Jede neue Einschränkung fühlt sich wie eine kleine Entrechtung an. Wir sind es einfach nicht mehr gewöhnt, dass unserem freien Willen, unserer Selbstentfaltung irgendwelche Grenzen gesetzt werden. Und es ist auch bei gutem Willen gar nicht so einfach, Gewohnheiten aufzugeben.
Hauptsache gegen den Mainstream
Aber glauben die selbst ernannten Revoluzzer, die sich nun darin gefallen, gegen den angeblichen Mainstream anzuschwimmen, ernsthaft, dass sie die Lage besser einschätzen können als Ärzte und Virologen? Glauben Sie wirklich, dass Deutschland immun ist, wenn in Italien gleichzeitig tausende Menschen an diesem Virus sterben? Erwachsene in der Trotzphase – welch dreiste und gefährliche Anmaßung!
Was richtig war und was falsch, wissen wir erst später
Die Regierungen versuchen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Was richtig war und was falsch, was zu zaghaft war und was übertrieben, das werden wir erst sehr viel später wissen. Klar ist aber schon jetzt: Um diese Probe gemeinsam zu bestehen, muss auch jeder einzelne Verantwortung übernehmen. Jede nicht geschüttelte Hand kann helfen, andere zu schützen – am Ende auch die eigenen Eltern oder Großeltern.
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